Reform der Champions League: Heidenheim an der Anfield Road

In der kommenden Saison könnten noch mehr deutsche Klubs um die europäischen Pokale kicken. Muss das wirklich sein?

Der Spielball im Tornetz

Europäischer Treffer: der Ball, den Leverkusens Jeremie Frimpong ins Tor von West Ham United befördert hat Foto: Dylan Martinez/reuters

Der Aufstieg des deutschen Fußballs scheint unaufhaltsam. Zwei Bundesligisten stehen im Halbfinale der Champions League, Bayer Leverkusen ist weiter nicht zu schlagen und darf in der Vorschlussrunde der Europa League gegen AS Rom spielen. Und neulich hat sogar die Nationalmannschaft, die zuvor so etwas wie der Inbegriff einer Gurkentruppe war, zwei Testspiele gewonnen. Bricht jetzt etwa die Zeit an, die der selige Franz Beckenbauer schon 1990 kommen sah, eine Ära, in der der deutsche Fußball auf Jahre hinaus unschlagbar ist?

Den Jubelarien zufolge, die nach dem Halbfinaleinzug von Borussia Dortmund und dem FC Bayern angestimmt wurden, scheint es tatsächlich Menschen zu geben, die das glauben. Und es könnte noch besser kommen. Im kommenden Jahr könnten fünf deutsche Teams in der Champions League mitspielen. Und wenn sich Borussia Dortmund die europäische Klubkrone aufsetzen würde, könnten es sogar sechs Plätze sein. Selbst wenn dann zwei deutsche Teams nicht über das Viertelfinale hinauskommen, wäre ein rein deutsches Halbfinale in der Champions League möglich.

Wäre das nicht wunderbar, wenn derartige Herzensduelle wie das deutsche Emotico zwischen Rasenballsport Leipzig und dem FC Augsburg nicht mehr nur an einem stinknormalen Bundesligasamstag begeistern würden? Träumt Fußballdeutschland nicht schon lange davon, dieses Duell der Herzen auch noch am Dienstag oder Mittwoch nach dem Abspielen der Champions-League-Hymne zu verfolgen?

Dass derartige Möglichkeiten ausgelotet werden, liegt an der Reform der Cham­pions League, mit der die Uefa noch mehr Geld erwirtschaften möchte als bisher – 3,5 Milliarden Euro waren das etwa in der vergangenen Saison. Die Gruppenphase, nach der sich bis auf ein paar sehr seltene Ausnahmen eigentlich immer die gleichen Mannschaften fürs Achtelfinale qualifiziert haben, wird es nicht mehr geben. Statt 32 Mannschaften in acht Gruppen spielen ab der kommenden Saison 36 Mannschaften je acht Partien, deren Ergebnisse in eine einzige Tabelle einfließen. Es gibt also mehr Plätze. Zwei dieser Plätze gehen an die Verbände, die in dieser Saison am besten in den europäischen Wettbewerben abgeschnitten haben.

So wie einst Botew Plowdiw

Statt also Ligen, deren Meister es schon lange nicht mehr schaffen, in jenen Wettbewerb zu kommen, der Meisterliga heißt, die Qualifikation zu erleichtern, werden einmal mehr die großen und reichen Ligen bevorzugt. Fußballnostalgiker wissen immer noch, dass Botew Plowdiw mal ein bulgarischer Spitzenverein war, weil er in den 80er Jahren gegen den FC Bayern im Europapokal der Pokalsieger ausscheiden durfte.

Heute ist die Frage nach dem Namen des aktuellen rumänischen Meisters bei einem Kneipenquiz selbst für absolute Fußballnerds nicht wirklich einfach zu beantworten. Klubs wie jener FC Farul Constanța schaffen es meist nicht über frühe Runden der Qualifikation hinaus und belästigen die Vereine aus den großen Fußballnationen nicht weiter mit ihrer schäbigen Existenz.

Nun könnte es also kommen, dass selbst der neunte Platz in der Bundesliga die Eintrittskarte für einen Europapokalwettbewerb bedeutet. Im Moment steht da die TSG Hoffenheim. Heidenheim als Zehnter hätte das Nachsehen. Ist das nicht ungerecht? Ist es nicht viel schwieriger und teurer, in Deutschland die Klasse zu halten, als rumänischer Meister zu werden?

Und wo bleibt eigentlich die europäische Belohnung für die anderen Klubs, die dem Abstieg entgehen? Die Regel wäre ganz einfach: Wer nicht absteigt, darf europäisch spielen. Das gilt natürlich nur in den vier am höchsten gelisteten Verbänden Europas. Wäre ja noch schöner: Am Ende kommt noch so ein hergelaufener Meister aus Rumänien daher und will mitspielen.

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