Kultur-Bündnis gegen Rechtsextremismus: Neben all dem Blau und Braun

Als „Die Vielen“ will ein Bündnis aus Kulturinstitutionen dem Rechtsextremismus entgegentreten. In Berlin stellten sie ihr Programm vor.

Auf der gläsernen Fassade des Gebäudes der Akademie der Künste am Pariser Platz sind auf einem Monitor Statements von Akademie-Mitgliedern zu lesen, die sich zur Bedeutung des Klimaschutzes äußern

Die Kulturszene will mit „Die Vielen“ erneut für Demokratie mobilisieren Foto: Britta Pedersen/dpa

Im Kampf gegen Rechtsextremismus ist man mittlerweile auf breite Allianzen angewiesen. Offenbar wird das etwa an politischen Bündnissen, die weltweit Parteien eingehen, die wenig Berührungspunkte haben – außer der Gegnerschaft zu rechtspopulistischen Positionen.

Der Begriff der Majorität ist umkämpft. So tönt die AfD regelmäßig, eine „schweigende Mehrheit“ stehe hinter ihnen. Der Begriff lässt sich aber auch von links aneignen. Ein breites kulturelles Bündnis versucht jetzt genau das. „Die Vielen“ setzt sich aus über 300 Kulturinstituten in allen Bundesländern zusammen. Das Ziel: Rechtsextremismus entgegentreten.

Ganz praktisch wollen „Die Vielen“ auch die Kultur vor dem Einfluss von rechts beschützen. Das sagt Holger Bergmann, Vorsitzender der „Vielen“, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in der Akademie der Künste in Berlin. Nun finden sich in der Hauptstadt kulturelle Verbündete leicht. Richtig was zu gewinnen – und eben auch zu verlieren – gibt es noch in der Provinz.

Rolf C. Hemke, künstlerischer Leiter des Kunstfests Weimar, gibt Einblicke in Praxisarbeit. Er erzählt von dem Festival „Provinzschrei“, das einige Jahre lang in Südthüringen stattfand, da, „wo es besonders braun ist“. Für dieses Jahr plant er Aktionen im Stadtraum von Weimar. Um Dialog auf Augenhöhe geht es ihm dabei nicht um jeden Preis. Er scheue sich nicht vor einem gewissen „aufklärerischen Impetus“, so Hemke. Immerhin gelte es Werte zu verteidigen, „von denen wir alle profitieren“.

Junge Menschen erreichen, Museen und Theater schützen

Doch nicht nur im Osten, auch in einstigen sozialdemokratischen Hochburgen gewinnt die AfD seit Jahren an Zulauf. Ella Steinmann und Jörg Albrecht von „Die Vielen NRW“ erklären, wie sie bereits jetzt im bevölkerungsreichsten Bundesland gegen Rechte ankämpfen. Albrecht hat noch gut einen Shitstorm in Erinnerung, der losbrach, als eine Schülerin mit Hidschab den Jugendliteraturwettbewerb des Literaturhauses Bonn gewann.

Es ist an diesem Donnerstag viel von Perspektiven die Rede, die auch jüngeren Menschen mithilfe der Kultur zu bieten wären. Doch die Beteiligten bleiben realistisch. Wie Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, richtig in Aussicht stellt, müsse man sich darauf vorbereiten, Museen und Kunsthäuser vor rechten Angriffen zu schützen. Wie freizügig etwa am Theater gearbeitet wird, stehe mittlerweile wieder zur Disposition.

„Die Vielen“ besteht als Bündnis bereits seit 2017. Ihre erste Aktion richtete sich damals gegen den Aufzug der rechtsextremen Identitären Bewegung. Jetzt sei die Zeit reif für einen Neustart, sagt Bergmann. Einfacher sind die Zeiten in den vergangenen sieben Jahren nicht gerade geworden. Die Kulturszene ist zunehmend mit sich selbst beschäftigt, im Kontext des Kriegs in Gaza tun sich Gräben auf.

Es gelte, „an der Ästhetik der Differenz zu arbeiten“ sagt Carsten Brosda, Präsident des Deutschen Bühnenvereins

Diese Differenzen gilt es wohl oder übel auszuhalten, soll dem Rechtspopulismus etwas entgegengehalten werden. Nicht nur ums Aushalten gehe es, sagt wiederum Carsten Brosda, Präsident des Deutschen Bühnenvereins und Kultursenator von Hamburg (SPD). Vielfalt könne zur Stärkung der Gesellschaft beitragen. Es gelte, „an der Ästhetik der Differenz zu arbeiten“.

Drei Landtagswahlen stehen in diesem Jahr an, sieben Kommunalwahlen und die Europawahl. Letztere ist Ausgangspunkt einer Aktions­woche vom 3. bis 9. Juni. Unter dem Motto „Europa den Vielen“ finden dezentrale Kulturformate statt, Lesungen, Diskursveranstaltungen. Eine zweite Aktionswoche ist für Ende August angedacht. Der Termin ist gut gewählt: Am 1. September wählen Sachsen und Thüringen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.