Harvey Weinstein wieder vor Gericht: Noch nicht auf freiem Fuß

Am Mittwoch soll der Ex-Produzent vor Gericht erscheinen. Die Staatsanwaltschaft muss entscheiden, ob sie ein neues Verfahren gegen ihn einleitet.

Gerichtszeichnung von Weinstein

Sich keiner Schuld bewusst: Sexualstraftäter und Ex-Produzent Havey Weinstein Foto: Jane Rosenberg/reuters

taz | Bluthochdruck, Herzleiden und „eine Vielzahl“ von anderen Gesundheitsproblemen habe der ehemalige Hollywood-Mogul Harvey Weinstein, erklärte dessen Anwalt am Wochenende. Deshalb sei er nun ins Krankenhaus verlegt worden. Das klingt wie das kleinere Übel: Gerade erst war der 72-Jährige, den ein Gericht im Jahr 2020 wegen Sexualdelikten zu 23 Jahren Haft verurteilt hatte, auf die berüchtigte Gefängnisinsel Rikers Island in New York City verlegt worden. Zuvor saß er in einem Gefängnis etwa 250 Meilen nördlich von New York City ein.

Grund für den Gefängniswechsel: Am Donnerstag hatte ein New Yorker Gericht das historische Vergewaltigungsurteil gegen Weinstein aufgrund von Verfahrensfehlern aufgehoben. Die Berufung hatten seine Anwälte bereits 2021 eingereicht. Die Staatsanwaltschaft muss nun entscheiden, ob sie ein neues Verfahren gegen Weinstein einleitet. Dafür soll der Ex-Produzent am Mittwoch vor Gericht erscheinen. Sein Anwalt äußerte sich nicht dazu, ob er das trotz seiner Behandlungen im Krankenhaus tun wird. Grundsätzlich brenne er aber darauf, seine Geschichte noch einmal zu erzählen.

Weinstein soll im Jahr 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi zum Oralsex gezwungen und die heutige Friseurin Jessica Mann im Jahr 2013 vergewaltigt haben. Die ersten öffentlichen Vorwürfe gegen Weinstein veröffentlichte im Herbst 2017 die New York Times. Sie lösten die #MeToo-Bewegung aus: Die Schauspielerin Alyssa Milano rief den Hashtag wenige Tage später ins Leben. Seitdem haben mehr als 80 Frauen Weinstein öffentlich vorgeworfen, seine hohe Position im Filmgeschäft für sexuelle Übergriffe ausgenutzt zu haben. Der Ex-Produzent wies stets jede Schuld zurück und behauptete, sexuelle Handlungen hätten einvernehmlich stattgefunden.

Der Prozess markierte einen Meilenstein der Rechtsgeschichte. Die Staatsanwaltschaft stützte sich bei dem weltweit beachteten Verfahren unter anderem auf eine Reihe von Zeuginnen, die Weinstein sexuelle Übergriffe vorwarfen, die allerdings nicht Teil der Anklage waren. Damit sollte aufgezeigt werden, dass die Taten Weinsteins einem wiederkehrenden Muster folgten. Das Berufungsgericht befand nun, dass die Vernehmung zusätzlicher Zeuginnen ein schwerwiegender „Fehler“ des damaligen Richters gewesen sei.

„Rückschritt für die Rechtsstaatlichkeit“

Die Anwältin Lindsay Goldbrum, die mehrere Klägerinnen gegen Weinstein vertritt, bezeichnete die neue Entscheidung als „Rückschritt für die Rechtsstaatlichkeit“. Bei einem so mächtigen Mann wie Weinstein seien die fraglichen Zeugenaussagen entscheidend gewesen, um die Behauptung der Verteidigung zu widerlegen, dass die sexuellen Begegnungen einvernehmlich gewesen seien.

Obwohl das Urteil aufgehoben wurde, ist Weinstein nicht auf freiem Fuß: Ende 2022 wurde er in einem weiteren Verfahren in Los Angeles zu zusätzlich 16 Jahren Haft verurteilt. Auch da ging es um Sexualverbrechen, darunter Vergewaltigung. Und auch dieses Urteil wollen Weinsteins Anwälte anfechten.

Den Artikel, in dem 2017 die ersten Vorwürfe gegen Weinstein veröffentlicht worden waren, hatten Megan Twohey und Jodi Kantor geschrieben. Im New-York-Times-Podcast „The Daily“ sagte Kantor jetzt, es sei unklar, wie das Gericht in Los Angeles entscheiden werde. „Aber dort vertritt ihn die gleiche Anwältin, die Bill Cosby aus dem Gefängnis geholt hat.“ Auch Cosby war wegen Sexualdelikten verurteilt, das Urteil dann von einem Berufungsgericht aufgehoben worden.

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