Katzav nimmt Muslime in Schutz

Zum zweiten Mal spricht ein israelischer Präsident vor dem Bundestag. „Im Sinne des Humanismus“ warnt Mosche Katzav nicht nur vor Antisemitismus, sondern auch vor einer „antimuslimischen Welle“ – um den Nahost-Friedensprozess nicht zu gefährden

von PHILIPP GESSLER

Es gibt keine Routine-Reden israelischer Politikerinnen und Politiker in Deutschland – erst recht nicht, wenn der Präsident des jüdischen Staates im Bundestag spricht. Diese Ehre wurde gestern Mosche Katzav zuteil. Er erhielt stehenden Applaus für die zweite Rede eines israelischen Staatspräsidenten vor dem bundesdeutschen Parlament. Der Anlass war das 40-jährige Jubiläum diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Nahost-Staat. Es sind Beziehungen, die trotz des Schattens des Holocaust „einzigartig und besonders wertvoll“ sind, wie Katzav schon vorab erklärte – Bundestagspräsident Wolfgang Thierse stimmte dem bei seiner Begrüßungsrede zu.

Die Enge der zwischenstaatlichen Beziehungen ist umso erstaunlicher, als der erste deutsche Botschafter in Israel vor 40 Jahren noch mit Steinen empfangen wurde. Anfangs wollte das israelische Parlament, die Knesset, sogar festschreiben, dass es keinen kulturellen und menschlichen Austausch geben sollte. Dennoch ist genau dieser im Laufe der Jahrzehnte gewachsen, etwa durch über 100 Städte- und Kreispartnerschaften zwischen beiden Staaten. Israelische Politiker betonen häufiger, nur zu den USA habe Israel bessere Beziehungen. Es war deshalb mehr als diplomatische Höflichkeit, wenn Katzav im Bundestag davon sprach, Deutschland sei „ein echter Freund Israels“.

„Für die Schoah kann es weder Vergeben noch Verzeihen geben“, sagte Katzav – ein Satz, den fast wortgleich schon sein Vorgänger Ezer Weizman im Bundestag 1996 formuliert hatte. Wenig überraschend auch, dass Katzav die Deutschen dazu aufforderte, mehr gegen Antisemitismus und Neonazis zu tun, die in der deutschen Öffentlichkeit eine „zunehmende Verankerung“ fänden. Erstaunlicher schon die Zuversicht Katzavs: „Die deutsche Demokratie ist widerstandsfähig und wird Wege finden, gegen dieses Problem anzugehen.“

Wirklich neue Töne fand Katzav vor allem da, wo er sich nicht mit der Vergangenheit und ihren Folgen, sondern mit der Zukunft seines Staates in der Welt beschäftigte. So warnte er etwa „im Sinne des Humanismus“ vor einer „antimuslimischen Welle“. Obwohl sich die Beziehungen zu den Palästinensern „auf dem tiefsten Punkt seit 1967“ befänden, gebe es eine „goldene Gelegenheit“ zu Frieden und Versöhnung zwischen beiden Völkern. Konkret wurde er mit der Forderung an die Bundesrepublik und die EU, dazu beizutragen, dass der Iran keine Atomwaffen herstelle. Schließlich bezeichne sich dieser nahöstliche Nachbar als „entschiedenster Feind Israels“, so Katzav.

Der schönste Satz glückte Katzav aber dann doch bei einem Blick in das Gestern: „Verwandeln wir das Trauma der Vergangenheit in eine Hoffnung für die Zukunft“, sagte der Präsident Israels, „unsere besondere Beziehung in eine Brücke für die Freundschaft unter den Völkern, einen Anker gegen den Totalitarismus und für menschliche Werte – als Botschaft für Menschlichkeit gegen Rassismus und Antisemitismus.“