„Impfungen sind billiger als Kinderlähmung“

Jede Bundesregierung muss sich für die Armutsbekämpfung interessieren, meint Staatssekretärin Uschi Eid

taz: Eines der Themen auf dem Afrikanischen Wirtschaftsforum ist das G-8-Treffen im Juli. Dort wird der britische Premier Tony Blair wieder einen neuen Aktionsplan für Afrika vorstellen. Ärgert Sie das?

Uschi Eid: Nein, ich finde es prinzipiell gut, dass Afrika wieder oben auf der Tagesordnung steht. Allerdings unterstützen wir als G-8-Staaten schon seit 2002 den Nepad-Reformplan für Afrika, den die afrikanischen Länder selbst vorgeschlagen haben und der etwa Maßnahmen gegen die Korruption vorsieht. Und das werden wir auch weiterhin tun.

Will Blair mit dem Kampf gegen die Armut nur sein schlechtes Irakkrieg-Image aufbessern?

Das glaube ich nicht. Afrika ist für Blair wichtig, da ist er authentisch. Zumal in diesem Jahr eine Zwischenbilanz der so genannten Millenniumsziele gezogen wird, also zum Beispiel der Halbierung der weltweiten Armut.

Blair will die Entwicklungshilfe nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen. Wie soll das finanziert werden?

Die Briten schlagen einen Fonds vor, aus dem Impfungen in Afrika finanziert werden sollen. Gespeist würde er aus Anleihen der G-8-Staaten.

Hat der Vorschlag Chancen?

Der Bundeskanzler beispielsweise hat Bereitschaft gezeigt, sich zu beteiligen – wenn die Gegenfinanzierung gesichert ist.

Wie soll das geschehen?

Verschiedene Möglichkeiten werden diskutiert. Dazu gehört eine Gebühr auf Flugtickets oder auch eine Kerosinsteuer, die in der EU erst mal vom Tisch ist. Im Übrigen gibt es unter den Experten zwei Denkschulen zum Sinn einer plötzlichen Erhöhung der Entwicklungshilfe. Manche sagen, dass es nur zu Frustration führt, wenn man vermittelt, die Probleme Afrikas könnten einfach mit viel Geld gelöst werden. Andere fordern die Verdoppelung der Entwicklungshilfe, weil sie glauben, dass damit schnell viel bewirkt werden kann. Sie glauben an den big push.

Und was glauben Sie?

An beidem ist etwas dran. Ich kann mit Impfungen verhindern, dass tausende von Kindern an Kinderlähmung erkranken, wenn ich jetzt die Mittel aufbringe. Das ist günstiger, als später die Krankheit zu behandeln. Andererseits müssen für eine nachhaltige Entwicklung oft institutionelle Reformen durchgeführt werden. Wenn ich Straßen will, brauche ich ein Straßenamt und Fachleute. Das braucht Zeit.

Haben Sie noch Lust, sich für Afrika zu engagieren, wo Ihr Einsatz doch wahrscheinlich im Herbst beendet wird?

Noch sind die Wahlen nicht entschieden! Außerdem gehe ich davon aus, dass jede Bundesregierung sich weiter für Afrika engagieren würde – ja, muss. Zu glauben, dass wir unseren Frieden und Wohlstand erhalten können, wenn es anderen Staaten schlecht geht, ist eine Illusion.

Böse Zungen sagen, der Kanzler setze sich nur für Afrika ein, um Deutschland für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu empfehlen.

Als wir die Afrika-Reformpolitik auf dem G-8-Gipfel 2001 beschlossen haben, hat hierzulande noch kein Mensch über eine UN-Reform gesprochen.

INTERVIEW: KATHARINA KOUFEN