CASTOR-TRANSPORT: DIE ANTI-ATOM-BEWEGUNG KRISELT ZUR FALSCHEN ZEIT
: Der Atomausstieg ist nicht sicher

Ohne nennenswerte Zwischenfälle ist der Castor-Transport aus Dresden gestern in Ahaus eingetroffen. Für die Anti-Atom-Bewegung ist das ein Desaster. „Atomkraft? Nein danke!“ – keine nennenswerte Zwischenfälle bedeutet keine nennenswerten Bilder, mit denen die einst mächtige Bewegung ihre Botschaft transportieren könnte. Dass es keine nennenswerten Bilder gab, lag auch am Protest selbst. Und der war eben nicht nennenswert.

Dabei war dieser Transport ein ganz besonderer: Noch nie rollten Castoren derartig lang auf der Straße quer durch diese Republik. Selten gab es im Vorfeld derart präzise Hinweise auf den Transportweg. Selten war es deshalb derart einfach, sich auf das, was rollt, vorzubereiten.

Von dem einen Zwischenlager – juristisch als Transportbereitstellungshalle kategorisiert – zum anderen Zwischenlager, kaum ein Transport war seit dem Atomkonsens derart umstritten wie der von Rossendorf nach Ahaus. Und selten war eine energiepolitische Rolle rückwärts derart realistischer als jetzt. Dankenswerterweise nämlich hatte Angela Merkels „Atomkraft? Ja bitte!“ zur rechten Zeit erklärt, was den Anti-Atominos bevorsteht: ein Verlust selbst jener Erfolge, die die Bewegung als realpolitisch zu klein kritisiert und sich deshalb nicht auf ihre Fahnen schreibt.

Dass die Anti-Bewegung im Recht ist, hatten am Wochenende Schlagzeilen über einem weiteren schweren Störfall in der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield bewiesen. Doch nicht einmal der Zusammenhang zwischen Störfall, Merkel und Castor-Alarm vermochte zu mobilisieren. Vielleicht stimmt ja, was Politikwissenschaftler behaupteten: Atomkraft und Umweltschutz sind Themen von gestern. Fakt ist: Das Gegenteil kann nur die Anti-Atom-Bewegung beweisen. Mag ja sein, dass die Protestveranstalter mit geschätzten 800 Demonstranten zufrieden sind. Mag ja sein, dass heute etliche, die sich früher quer stellten, lieber Windstrom erzeugen. Und es mag sein, dass sich die Biosprit-Fans wenig für AKWs interessieren. Wenn der Anti-AKW-Protest aber nicht machtvoll zu sagen vermag: Frau Merkel, so nicht!, wird es die Wende von der Energiewende geben.

NICK REIMER