AfD missbraucht das Recht – und scheitert

Mit 470 Anträgen versucht die Partei, den Gerichtsprozess in Münster zu verzögern

Aus Münster Gareth Joswig

Der AfD-Anwalt Christian Conrad klang nach dem Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, einst verantwortlich für den Mauerbau: „Niemand hat das Interesse an einer Prozessverschleppung“, behauptete er – nach dem allein an einem Vormittag schon der zweite Befangenheitsantrag gegen das Gericht in Münster abgelehnt worden war. Mit weiteren Anträgen war die AfD bereits im März gescheitert.

Allein bis zur Mittagspause folgten: ein Antrag auf Vertagung, ein Antrag auf Akteneinsicht und ein allgemeiner Beweisantrag.

Dabei ist nicht naheliegend, warum die AfD ein Urteil scheut: Sie wehrt sich gegen die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall von 2021. Im März 2022 hatte das Verwaltungsgericht Köln dem Verfassungsschutz recht gegeben, nun verhandelt als Berufungsinstanz das Oberverwaltungsgericht Münster. Doch selbst innerhalb der AfD rechnet sich niemand wirklich gute Aussichten aus.

Deswegen gilt es als relativ sicher, dass vom Verfahren in Münster auch die drohende Hochstufung zu einer gesichert rechtsextremistischen Bestrebung abhängt. Das Ziel der AfD ist, die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg und ein drohendes Verbotsverfahren möglichst lange aufzuschieben. Schon jetzt will keine der demokratischen Parteien mit der AfD zusammenarbeiten, eine behördlich besiegelte Hochstufung zur gesichert rechtsextremen Partei auf Bundesebene würde den Graben eher vertiefen.

Dass auch das Gericht die Belegsammlung des Verfassungsschutzes für ausreichend hält, schien bereits am Prozesstag zuvor durch. Vor einer Woche hatte der Vorsitzende Richter Gerald Buck es abgelehnt, dass die AfD alle rund 470 Beweisanträge der AfD mündlich vorträgt, und darum gebeten, diese schriftlich einzureichen. Teils verwarf er sie als „unerheblich“, andere seien darauf ausgerichtet, den Verfassungsschutz auszuforschen. Tatsachenbehauptungen der AfD seien teils aus der Luft gegriffen. Zudem gebe es bei der AfD genügend Hinweise für Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Ähnlich erfolglos war die AfD am Montag: Auch die neuen Befangenheitsanträge lehnte Richter Buck ab. Sie seien „rechtsmissbräuchlich“, begründete das Gericht, und „gänzlich untauglich“ und „daher ungeeignet“, die Befangenheit des 5. Senats des OVG belegen.

Es wirkte am Montag, dass das Gericht gerne zum Ende kommen würde. Der Senat ist mit seiner Gliederung durch, das Einzige, was dem Urteil noch im Weg steht: weitere luftige Anträge der AfD. Aber in der extrem rechten Partei hat ja niemand die Absicht, einen Prozess zu verzögern.