Passwörter aus dem Jenseits

INTERNET Was passiert mit Online-Inhalten, wenn der Inhaber stirbt? Wer schließt das Blog, wer die E-Mail-Fächer? Mehrere US-Firmen helfen bei der virtuellen Grabpflege

„Legacy Locker“ speichert alle Passwörter für die Angehörigen

VON BEN SCHWAN

Bisher war die Sache einfach: Wenn jemand stirbt, können die Angehörigen die Post aus dem Briefkasten, die Fotos aus den Alben und die Kontoauszüge aus der Schreibtischschublade nehmen. Doch seit sich das Leben immer mehr ins Internet verlagert, ist das alles komplizierter. Denn E-Mail-Fächer, Fotospeicher und Online-Konten sind durch Passwörter geschützt, die Hinterbliebenen meist nicht bekannt sind. Dieses Problem wollen nun mehrere US-Firmen lösen: Sie sind darauf spezialisiert, Angehörigen die Verwaltung des digitalen Erbes zu erleichtern.

So bietet das Unternehmen „Legacy Locker“ für 30 Dollar im Jahr (300 für das ganze Leben) die Möglichkeit, alle wichtigen Online-Dienste-Zugänge an einem zentralen Ort zu speichern. Dem Anbieter aus San Francisco zufolge wird all das mit höchster Sicherheitsstufe verschlüsselt und verwaltet – egal ob es der Zugang zum eigenen Blog, der iTunes-Account mit der Musiksammlung, das Berufsprofil bei LinkedIn oder das Postfach bei Google Mail ist. Dann muss der Nutzer noch einen oder mehrere Empfänger definieren und klären, wer von diesen welche Zugänge erhalten soll. Im Todesfall können sich die Angehörigen dann an den Dienst wenden und mit Hilfe des Totenscheins Zugriff auf die vorher festgelegten Daten erlangen.

„Deathswitch“ funktioniert etwas anders. Hier geht es darum, seinen Angehörigen wichtige Informationen im Todesfall zu übermitteln – etwa Dinge, die man ihnen immer schon einmal sagen wollte. Dazu bedient sich der Anbieter, der auch einen Passwortspeicher anbietet, einer Art „Totmanntaste“: Der Dienst fragt regelmäßig Zugangsdaten vom Nutzer ab, die dieser innerhalb einer bestimmten Zeit liefern muss, um als „noch am Leben“ zu gelten. Reagiert sie oder er nicht, nimmt „Deathswitch“ an, dass der Kunde verstorben ist – und es werden die zuvor gespeicherten Nachlass-E-Mails an die gewünschten Empfänger abgesendet. Für diese „Sicherheitsschaltung“ verlangt der Anbieter 20 Dollar pro Jahr, bietet aber immerhin eine Botschaft gratis an.

„Asset Lock“ arbeitet wiederum als eine Art elektronisches Schließfach, das ein wenig wie ein Notar funktioniert. Der Nutzer hinterlässt ihm wichtige Daten, etwa zu Besitztümern oder gewünschten Erbverteilschlüsseln, und hinterlegt sie dann bei dem Angebot. Beworben wird der Dienst unter anderem damit, dass er sicherer sei als das Ablegen des Testaments einfach im Schreibtisch. Ganz billig ist das Angebot auch hier nicht: 80 Dollar im Jahr, 240 Dollar für die Lebenszeit in der höchsten Angebotsstufe mit 5 Gigabyte Speicherplatz. „Wo ist der Schlüssel zu Ihrem Bankschließfach? Was ist Ihre Schrankkombination im Fitnessclub?“, fragen die „Asset Lock“-Betreiber. „Wir organisieren Ihr Leben für Sie, sodass die wichtigen Dinge für diejenigen, die sie brauchen, im Falle eines plötzlichen Todes vorhanden sind.“