Verleumdungsprozess gegen Roman Polański: Trotz Urteil ungeklärt

Charlotte Lewis hat Roman Polański sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Der Regisseur spricht von Lüge, den Prozess wegen Verleumdung hat er nun gewonnen.

Charlote Lewis

Gegen Regisseur Roman Polański unterlegen: Schauspielerin Charlotte Lewis am Dienstag in Paris Foto: Gonzalo Fuentes/reuters

BERLIN taz | Ein Trauma verjährt nicht, oft verfestigt es sich sogar: Nach eigenen Angaben erlitt die britische Schauspielerin Charlotte Lewis als Teenager ein solches. Sie war 16, und hatte Roman Polański über eine Freundin kennengelernt.

Der durch herausragende Filme wie „Chinatown“ oder „Der Mieter“ bereits weltbekannte Regisseur war ein paar Jahre zuvor auf der Flucht vor der Vollstreckung eines Urteils wegen Vergewaltigung und dem Unter-Drogen-Setzen einer 13-Jährigen nach Paris gezogen. In seiner Pariser Wohnung, gab Lewis im Jahr 2010 über eine Anwältin bekannt, habe Polański sie 1983 sexuell missbraucht.

Vergewaltigungsvorwürfe als „einmaliges Ereignis“ abgetan

Lewis habe daraufhin eine Essstörung entwickelt, erzählte sie 2010. Sie habe sich geschämt, sich schuldig, gar „verantwortlich“ für das Handeln des damals 50-Jährigen gefühlt. Dass sie überhaupt an die Öffentlichkeit ging, ohne allerdings offiziell Klage einzureichen, habe damit zu tun, dass die Vergewaltigungsvorwürfe aus den 70ern von Polańskis An­wäl­t:in­nen als „einmaliges Ereignis“ abgetan worden seien.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Eine französische Zeitung grub ein angebliches Interview aus dem Jahr 1999 aus, in dem Lewis von einer freiwilligen, selbst initiierten mehrmonatigen Beziehung zu dem Regisseur berichtet habe.

Im Prozess, den Lewis gegen Polański nun anstrengte, verlor die Schauspielerin am Dienstag vor einem Pariser Strafgericht. Es ging um Verleumdung – der Regisseur habe sie der Lüge bezichtigt, hatte Lewis angegeben. Er habe sich auf jenes ihrer Ansicht nach falsch zitierte Interview bezogen. Polański war nicht vor Ort.

Dabei ist es durchaus von Bedeutung, wäre die Beziehung zwischen der damals 16-Jährigen und dem 50-Jährigen tatsächlich einvernehmlich gewesen: In Europa variiert das „Age of Consent“, ab dem man davon ausgeht, dass Sex mit einem anderen Menschen im gleichen oder höheren Alter zugestimmt werden kann. In Frankreich liegt es bei 15 – wie viel älter ein:e Part­ne­r:in ist, egal. Ebenso wie das Machtgefälle, das man mit der #Metoo-Bewegung durch Begriffe wie „toxische Beziehung“ oder „Grooming“ einordnen konnte.

Lewis fuhr sogar mit Polański nach Cannes

Die heute 56-jährige Lewis stammt aus Nordlondon. Mit 15 Jahren verließ sie die Schule, arbeitete mit 16 als Model, wollte Schauspielerin werden. Nach den traumatischen Begegnungen mit Polański habe sie sich entschlossen, dennoch bei einem Screentest für seinen nächsten Film mitzumachen: „Das war eine Chance, meine Familie hatte finanziell zu kämpfen“, sagte sie einem US-Medium. Der Regisseur gab der Newcomerin im Jahr 1986 die weibliche Hauptrolle in seinem Action-Klamauk „Piraten“, fuhr sogar mit ihr nach Cannes. Auch das setzen Polańskis Für­spre­che­r:in­nen nun gegen sie ein.

Nach „Pirates“ hatte Lewis neben Eddie Murphy im von der Kritik verrissenen Film „The Golden Child“ gespielt, bis in die 90er-Jahre war sie in mehr oder minder erfolgreichen Werken zu sehen, meist als Liebesobjekt. Lewis' mediokrer Erfolg kam in den 2000ern größtenteils zum Erliegen. Nach ihren Aussagen gegen Polański 2010, sieben Jahr vor #metoo, habe sich Lewis von der Presse bedrängt gefühlt, sagte sie, ihr Sohn habe die Schule wechseln müssen.

Trotz Urteil bleibt der Fall Polański/Lewis ungeklärt. Bei sexuellem Missbrauch sind verlässliche Zeu­g:in­nen­aus­sa­gen rar, und das institutionelle Versagen geht meist zulasten der Opfer. Im Zuge des Filmfestivals in Cannes wurde auf diesen Missstand wieder aufmerksam gemacht.

Jenni Zylka

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