Kritik an mangelnder Verbindlichkeit: Europarat nimmt KI-Konvention an

Der Europarat will die Menschenrechte vor einem Missbrauch durch KI schützen. Die Organisation hofft auf eine weltweite Wirkung – doch es gibt Kritik.

Eine Person arbeitet am Rechner, auf dessen Bildschirm ein durch Künstliche Intelligenz generiertes Illustrationsbild mit Code zu sehen ist

Der Europäische Datenschutzbeauftragte sieht noch weiteren Handlungsbedarf Foto: Oliver Berg/dpa

STRAßBURG dpa | Der Europarat hat eine Konvention zum Schutz der Menschenrechte beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) angenommen. „Mit diesem neuen Vertrag wollen wir einen verantwortungsvollen Einsatz von KI sicherstellen, der die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie respektiert“, sagte die Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić am Freitag in Straßburg. Die Europäische Union hatte sich bereits im Dezember auf ein Gesetz zur KI geeinigt, die finale Verabschiedung steht noch aus.

Mit der Konvention soll der Einsatz von KI im öffentlichen und im privaten Sektor geregelt werden. Bei der Regulierung des Privatsektors können sich die Staaten allerdings aussuchen, ob sie statt der Konventionsvorschriften eigene Maßnahmen ergreifen. Das sei nötig wegen der unterschiedlichen Rechtssysteme, hieß es seitens des Europarats. Kritiker bemängeln aber, dass damit das Abkommen verwässert und Staaten und Unternehmen zu sehr freie Hand gelassen werde. Bei Fragen der nationalen Sicherheit und Verteidigung greifen die Vorgaben ebenfalls nicht.

Das Abkommen legt nach Angaben des Europarats unter anderem Transparenz- und Überwachungsanforderungen fest, etwa wenn Inhalte von KI erstellt werden. Die Staaten müssen auch sicherstellen, dass KI-Systeme das Diskriminierungsverbot und das Recht auf Privatsphäre achten, hieß es. Außerdem müsse dafür gesorgt werden, dass KI-Systeme nicht dafür verwendet werden, demokratische Prozesse zu untergraben.

Nach der Unterzeichnung können der Konvention nicht nur die Staaten des Europarats beitreten, sondern Länder weltweit. Wer die Konvention unterzeichnet hat, ist dann daran gebunden. An den Verhandlungen beteiligt waren auch Länder außerhalb des Europarats wie die USA, Kanada oder Israel.

Datenschutzbeauftragter: Rote Linien fehlen

Kritiker sagen, dass in der Konvention den Staaten zu sehr freie Hand gelassen werde und sie daher kaum Wirkung entfalten werde. Angela Müller von Algorithm Watch bezeichnete es grundsätzlich als „wertvolles Signal mit Ausstrahlungskraft“, dass der Europarat anerkenne, dass es für den Schutz der Menschenrechte Regeln für den Umgang mit KI brauche. Der Vertrag hinterlasse aber einen „bitteren Nachgeschmack“, da er diesen Zielen nicht gerecht werde.

„Und obwohl es nicht an Belegen mangelt, wie Tech-Konzerne mit Social-Media-Algorithmen oder Deep-Fake-Generatoren die öffentliche Meinungsbildung beeinflussen, überlässt es der Europarat den Staaten, ob sie dafür weiche Maßnahmen oder bindende Gesetze erlassen wollen. Er vertraut darauf, dass eine reine Selbstregulierung von Unternehmen ausreichen wird, um Menschenrechte und Demokratie zu schützen“, sagte Müller der dpa.

Der Europäische Datenschutzbeauftragte warnte in der Schlussphase der Verhandlungen davor, dass die Konvention zu einer „verpassten Gelegenheit“ werden könnte. Er bemängelte vor allem, dass es in dem Entwurf an roten Linien für bestimmte KI-Anwendungen fehle. Man sei besorgt, dass das Abkommen zu allgemein gehalten sei und daher unterschiedlich angewendet würde.

Der Europarat ist von der EU unabhängig und setzt sich zusammen mit seinem Gerichtshof für den Schutz von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat ein. Zu den 46 Mitgliedern gehören alle 27 Länder der EU, aber auch Länder wie Großbritannien oder die Türkei. Er ist damit zuständig für 680 Millionen Menschen – von Grönland bis Aserbaidschan.

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