KOMMENTAR VON TOM STROHSCHNEIDER
: Neue Inhalte statt alter Köpfe

So interessant Personalfragen auch sind, sie sind am Ende nicht entscheidend

Der Rücktritt von Gesine Lötzsch als Linken-Vorsitzende ist mit freundlichen Worten zur Kenntnis genommen worden – die vor allem auf die Begründung der Berlinerin zurückzuführen sind, sich nun um ihren erkrankten Ehemann kümmern zu wollen.

In ihrer knapp zweijährigen Amtszeit waren freundliche Worte dagegen eher selten. Parteifreunde hatten viel an Lötzsch auszusetzen, schon bald haftete das Wörtchen „umstrittene“ wie eine reguläre Zusatzbezeichnung an ihr. Lötzsch wurde mehr als andere für die Krise der Linkspartei verantwortlich gemacht.

In den Respekt vor ihrem Rücktritt mischt sich deshalb die Hoffnung, die Linke könne mit anderem Spitzenpersonal in die Erfolgsspur zurückkehren. Während sich die einen viel von Oskar Lafontaine versprechen und den Übervater der Partei in eine bundespolitische Spitzenrolle zurückwünschen, glauben andere, das Gegensatzpaar Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch könnte mit seinen Fähigkeiten die Linke aus dem Jammertal der Umfragewerte und verpasster Wahlziele herausführen.

Doch so interessant Personalfragen auch sein mögen, sie sind in Wahrheit keineswegs entscheidend. Das Beispiel der FDP hat gezeigt, dass ein neuer Chef namens Philipp Rösler nicht neue Kraft bedeuten muss. Die Grünen erreichten ihre Spitzenwerte nicht, weil Claudia Roth so viel cleverer wäre als andere. Und die Piraten sind nicht deshalb in Umfragen so stark, weil Sebastian Nerz überragendes Geschick an den Tag legt.

Es gibt keine politische Bewegung, hat Karl Marx einmal gesagt, die nicht gleichzeitig eine gesellschaftliche wäre. Umgekehrt gilt, dass dort, wo es an sozialen Unterströmen fehlt, eine Partei nicht einfach mit neuen, alten Köpfen an frühere Erfolge anknüpfen wird.

Die Bedingungen, die einst ihren Aufstieg möglich machten, wird die Linkspartei nicht einfach wiederherstellen können. Die SPD ist inzwischen selbst in der Opposition, und in der anhaltenden Finanzkrise suchen viele Sicherheit im Bestehenden, statt das Angebot so notwendiger wie einschneidender Veränderungen anzunehmen. Weder darauf noch auf den erstaunlichen Erfolg der Piraten und ebenso wenig auf den herannahenden rot-grünen Lagerwahlkampf hat die Linke bisher eine ausreichende Antwort gefunden. Der Rückzug von Gesine Lötzsch vom Parteivorsitz ändert daran nichts.