berliner szenen Traumpost (13)

Von der Schlafsucht

Gleich nach dem Essen überfiel ihn schon wieder diese bleierne Müdigkeit. Dabei war er am Abend vorher schon um 21 Uhr ins Bett gegangen und hatte volle zehn Stunden durchgeschlafen.

So weit er zurückdenken konnte, hatte er sich immer gewünscht, endlich einmal so munter wie die anderen sein zu dürfen. Schon in der Schule waren ihm dauernd die Augen zugefallen. Die ganze Welt um ihn herum war ihm einfach zu stressig, und am liebsten hätte er sich an Ort und Stelle auf den Boden gelegt, in einer Ecke zusammengerollt, um wegzupennen. So war das ja seit jeher gewesen.

14 Uhr. Jetzt sollte er diesen verdammten Artikel noch fertig schreiben, aber es ging nicht anders, er musste sich wenigstens kurz hinlegen. Um 18 Uhr wachte er auf, nass geschwitzt und wie gelähmt. Aus unendlicher Ferne klingelte plötzlich das Telefon, und er schleppte sich mit letzter Kraft zum Hörer. Irgendein fitter Redakteur war dran und hielt ihm vor, was er diesmal wieder alles falsch gemacht hatte.

Fahrig beantwortete er zwei, drei E-Mails, mehr ging nicht. Der Kaffee blieb vollkommen wirkungslos, und so fing er gleich an, Bier zu trinken. Vielleicht würde ihn ja etwas lautere Musik ermuntern. Bei King-Crimson- und Frank-Zappa-Beschallung legte er sich gegen 19 Uhr erst mal aufs Sofa.

Um 1 Uhr 30 nachts schlug er die Augen wieder für einen Moment auf. Im Zimmer war es taghell, die Musik hatte längst aufgehört zu spielen und seine kalte Hand, die ihm jetzt wie ein fremder Körperteil vorkam, hielt immer noch die halb volle Bierflasche umklammert. Es war jetzt besonders schwer, die Plörre wegzukippen, sich auszuziehen und endlich ins Bett zu legen.

Er schlief sofort ein.

JAN SÜSELBECK