Katholisch und klamm

Im Zeichen der Jungfrauenweihe: Heute feiert Hamburgs Erzbistum sein zehnjähriges Bestehen. Scharfe Kritik an mangelnder Ökumene

„Mit der Jungfrauenweihe hat sich das Erzbistum lächerlich gemacht“

Von Markus Jox

Mit einer Akademie begeht das katholische Erzbistum Hamburg heute Abend sein zehnjähriges Bestehen. Erzbischof Werner Thissen wird um 18 Uhr einen Vespergottesdienst in der Kirche St. Ansgar feiern und dort auch predigen. Danach begibt sich die fromme Gesellschaft, darunter Hamburgs evangelische Bischöfin Maria Jepsen, Bürgermeister Ole von Beust und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, in die Katholische Akademie, um der Festrede Klaus Töpfers zu lauschen. Der Direktor des UN-Umweltprogramms und frühere Bundesumweltminister referiert über „Kirche vor der Herausforderung der Globalisierung“.

Die Herausforderungen, vor denen das jüngste, flächenmäßig größte und von der Mitgliederzahl her fünftkleinste deutsche Bistum steht – gut 396.000 Katholiken leben in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg – sind freilich vor allem dem schnöden Mammon geschuldet: In einem „Dekret über Maßnahmen zur wirtschaftlichen Konsolidierung und Restrukturierung im Erzbistum Hamburg“ hatte Thissen, der dem Erzbistum seit zwei Jahren vorsteht, seinen Schäfchen Ende 2004 ein schmerzhaftes Sparprogramm verordnet. Aufgrund rückläufiger Mitgliederzahlen und sinkender Kirchensteuereinnahmen will der Erzbischof die Ausgaben von derzeit 75,5 Millionen Euro um 11 Millionen pro Jahr abspecken, um den Finanzkollaps zu vermeiden.

Die Zahl der selbständigen Pfarrgemeinden soll von 154 auf 83 reduziert werden, jede Gemeinde erhält bis 2007 rund 26 Prozent weniger Geld als 2002. Kirchen zu entweihen und zu verkaufen – nach dem Vorbild seiner protestantischen Amtsschwester Jepsen – lehnt Thissen noch ab. „Wir wissen aber nicht, ob wir das durchhalten können“, hält Bistumssprecher Manfred Nielen ein Türchen offen.

Für Hans-Hermann Mack, ehemals sehr engagierter katholischer Laie und Mitbegründer der Romero-Tage, steht das Bistum noch vor ganz anderen Problemen: „Seit zehn Jahren befindet es sich auf dem Weg zur Sekte und zur Bedeutungslosigkeit“, so Macks harscher Befund. Im katholischen Emsland etwa und in Osnabrück blühe das katholische Leben bunter „als in der Weltstadt Hamburg“. Im christlich-jüdischen Dialog spiele die katholische Kirche so gut wie keine Rolle, und einen katholisch-islamischen Dialog gebe es gar nicht, schimpft Mack. „Lächerlich gemacht“ habe sich das Erzbistum überdies jüngst „mit der Jungfrauenweihe“, befindet der Kritiker: Der Erzbischof hatte eine Frau „zur Jungfrau geweiht“, die keinen passenden Frauenorden für sich gefunden hatte, sich aber gleichwohl ganz in den Dienst Christi stellen wollte.

Dass es mit der Ökumene derzeit nicht zum Besten bestellt ist, sagt auch Andreas Biermann von der Volksbewegung „Wir sind Kirche“. Zwar herrsche zwischen Weihbischof Hans-Jochen Jaschke und Jepsen ein persönlich gutes Verhältnis, und in Hamburg gehe man sowieso „sehr höflich miteinander um“. Doch Laien, die den liberalen Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils wach halten wollten, seien „schon ein bisschen gekniffen – es herrscht irgendwie Eiszeit“.