zwischen den rillen
: Gehauchter Soulgesang und gezupfte Balladen

Gut angetäuscht! Nach seiner letzten Techno-Maxi „Trax“ dachte man, dass Alexander Geiger nun einen deutlicheren Weg Richtung tanzbarer Clubmusik einschlagen würde. Weit gefehlt, auch wenn er bei seiner neuen CD auf dem überdreht rockenden Track „Sunday“ nochmals einen Basslauf von „Trax“ verwendet. Wie wenig sein neues Album „Out of tune“ mit Clubmusik zu tun hat, zeigt die Tatsache, dass man auf der für DJs optimierten Vinylversion nur vier der zwölf Stücke findet. Der Rest des Albums ist Musik, die man sich zu Hause in den CD-Player schiebt.

Techno und House gibt es hier ganz selten, und wenn, dann nur in dicken Anführungszeichen. Stattdessen tauchen allerlei Zitate aus der Geschichte der Popmusik, vor allem der Black Music (Soul, Funk), auf. Viele davon sind aus den Giftschränken der 70er und 80er Jahre hervorgekramt. Verboten ist nichts, weder affektiert gehauchter Soulgesang, der so gar nicht ins Jahr 2005 passen will, noch ein unpointiertes Gitarrensolo. Geiger würde wahrscheinlich nicht– wie allzu oft geschehen – den coolen Basslauf von Michael Jacksons „Billy Jean“ sampeln, sondern das fiese Gitarrensolo aus „Beat it“. Denn vielleicht kann man ihm in einem anderen Kontext ja doch noch etwas Gutes abgewinnen?

Geiger hat seine Stücke in einem Interview mit dem Elektronikmagazin Groove als Mutationen bezeichnet. „Das ist weniger ein bewusster Prozess sondern relativ intuitiv, und aus der Intuition heraus lasse ich mich leiten, wohin auch immer das führt.“

Das führt unter Umständen zu einer gezupften Ballade, aus der eine Bowie- oder T.Rex-mäßige Glam-Rock-Gitarre ausbricht und in Mundharmonikaspiel mündet („Love Song“). Oder auch zu noisigem Indie-Rock („Five Years“). Das Zitatenspiel scheint keiner Linie zu folgen, nur persönlichem Interesse. Das macht die Platte zu einem Glücksspiel, bei dem es Zufall ist, ob man ihm beim nächsten Stück, bei der nächsten Idee noch folgen mag. Einige Stücke können komplett deckungsgleich mit der eigenen musikalischen Sozialisation sein und doch verschiedene Elemente überraschend verbinden, andere das Spiel mit den Klischees deutlich zu weit treiben. Dabei bleibt die Ernsthaftigkeit von Geigers Aneignungen auf dem Album „Out of tune“ immer im Unklaren. Und das ist vielleicht auch gut so. CHRISTIAN MEYER

Geiger: Out of tune (Firm Records)