Hühnerquälern droht Prozess

LANDWIRTSCHAFT Staatsanwaltschaft ermittelt wieder gegen Mitarbeiter des Geflügelkonzerns Wiesenhof

BERLIN taz | Die Chefs und mehrere Mitarbeiter von Deutschlands größtem Geflügelfleischkonzern Wiesenhof kommen möglicherweise doch wegen Tierquälerei vor Gericht: Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat angeordnet, die Ermittlungen wegen Misshandlung von Hühnern auf einer Farm in Twistringen wieder aufzunehmen.

Die Staatsanwaltschaft Verden hatte das Verfahren Ende Dezember eingestellt. Allerdings nicht etwa, weil die Beschuldigungen falsch wären – sondern weil ein Video, das zum Beispiel das Genickbrechen von Hühnern ohne Betäubung zeigt, der Behörde zufolge „rechtswidrig“ aufgenommen worden und deshalb nicht beweiskräftig ist.

Dem widerspricht nun der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. „Angesichts des Ausmaßes der möglichen Vergehen gegen das Tierschutzgesetz sind wir zu dem Schluss gekommen, dass kein Beweisverwertungsverbot vorliegt“, sagte Jörg Fröhlich der taz. „Das ganze Verfahren kriegt eine neue Wendung.“

Damit stellt er sich gegen die Staatsanwaltschaft Verden. Sie stoppte ihre Ermittlungen unter anderem deshalb, weil die heimlichen Aufnahmen „die Privatsphäre“ der Mitarbeiter verletzt hätten und es nur um Delikte mit geringem Strafmaße gehe.

Die Tierrechtsorganisation Peta hatte gegen den Bescheid Beschwerde eingelegt. Das ARD-Magazin „Report Mainz“ strahlte das Video im Januar 2010 aus und löste eine Debatte über die Zustände in der Massentierhaltung aus. Die damalige Pächterin der Farm und ihr Mann wurden für den taz Panter Preis nominiert, weil sie die Tierquälereien mit Hilfe von Peta öffentlich machten und aus dem Geschäft ausstiegen. Der Fall könnte Maßstäbe dafür setzen, wann Rechercheure verdeckt Videos von gesellschaftlichen Missständen drehen dürfen. PETRA MÜLLER