Die gut Gelaunten

Die Mannschaft des FC Bayern für die nächste Saison scheint zu stehen – sie wird nicht viel anders aussehen als die, die das Pokalfinale gewinnen soll

AUS MÜNCHEN THOMAS BECKER

Natürlich klang das arrogant. Und wie! Im Bayerischen Fernsehen hatten sie Felix Magath gefragt, ob sich seine Elf im Pokalfinale gegen Schalke auf Verlängerung oder gar Elfmeterschießen einstellen müsse. Und was sagt dieser Mann der leisen Töne, dem populistische Stimmungsmache so fern ist wie Rudi Assauer ein pils- und zigarrenfreier Monat? „Ich gehe davon aus, dass 90 Minuten reichen werden. Geht’s überheblicher? Ist das Bayern-Dünkel in Potenz? Nicht doch. Nicht mit dem chronisch entspannten Teetrinker Magath. Der Coach des Meisters hat schlicht seine Meinung kundgetan: das Ergebnis seiner Abwägungen bezüglich der aktuellen Kräfteverhältnisse der Fußballclubs Bayern München und Schalke 04. Und da sieht er sein Team klar im Vorteil. Mit Arroganz hat das nichts zu tun. Der Mann ist Realist.

Als Sprücheklopfer ist der neue Bayern-Trainer wahrlich nicht aufgefallen. Im Gegenteil: Egal ob rauschende Siege oder herbe Niederlagen – Magath blieb stets ruhig und besonnen in der Analyse. Oft traf er dabei ins Schwarze. Vor der Saison hatte er angekündigt, dass ein Durchmarsch des FCB nicht zu erwarten sei. Es werde dauern, bis das Team harmoniere. Man mochte das als ein Vorbauen für den Fall des Nichterfolgs einschätzen. Doch der Saisonverlauf gibt Magath Recht. Nach den Anfangsproblemen mit seinem harten Trainingsprogramm und disziplinfordernden Führungsstil – Clubchef Rummenigge sprach von einem „Kulturschock“ – kamen Team und Trainer mit der Zeit immer stärker überein. So stark, dass die nationale Konkurrenz nach der Winterpause gewaltig das Nachsehen hatte. Kapitän Kahn lobt den Coach: „Er hat uns überzeugt, dass es gut für uns ist, was er tut.“ Das vermeidbare Ausscheiden gegen Chelsea wird Magath als eins der wenigen Negativerlebnisse dieser Saison abspeichern. Wozu der FC Bayern Magath’scher Prägung fähig ist, war in den letzten fünf Bundesligaspielen zu bewundern, als den gut gelaunten Roten 20 Treffer gelangen – Freiburg schaffte in 34 Spielen nur 10 mehr.

Und das ist erst der Anfang. Das Potenzial ist noch lange nicht ausgereizt – düstere Aussichten für die Konkurrenz, zumal die Umstellungsprobleme Magath/Hitzfeld diesmal entfallen und der Club von Saisonbeginn an auf einem anderen Level loslegen wird. Beim FCB sieht man das ähnlich: Außer dem Rückkehrer Lahm und dem iranischen Dribbelkünstler Ali Karimi soll wohl nur noch Valérien Ismaël den Kader verstärken – mehr braucht der Meister nicht. Weniger ist besser: Lieber ein paar Mann abgeben, „sonst haben wir zu viele Unzufriedene im Kader“, sagt Magath. Kovac will zu Juventus, Kuffour wechselt wohl zu Inter, Hashemian geht nach Hannover, Linke zu Salzburg, Zickler wahrscheinlich ebenso, und nun hat auch Ze Roberto ein „nochmals angehobenes“ (Hoeneß) Angebot abgelehnt und zieht zum AS Rom.

Am Bayern-Gerüst rütteln diese sechs Abgänge nicht, dagegen wird die Defensive erheblich gestärkt. Der kopfballstarke Bremer Ismaël will unbedingt zum FCB („das ist für mich ein Muss“), um auch seine Chancen für die Nationalelf zu erhöhen. Von Lahm verspricht man sich nach seiner Kreuzbandverletzung einiges, bis dahin hilft Lizarazu weiter aus. Und schließlich sind da noch die lange verletzt gewesenen Andreas Görlitz und Tobias Rau, auch immerhin Nationalspieler. Die Offensive bleibt praktisch unverändert, hat mit 39 Treffern in der Liga ja auch ordentlich funktioniert. Bleibt wieder mal das Spannungsfeld Mittelfeld, wo außer Ballack und Demichelis niemand gesetzt ist. Zur Fummlerfraktion Schweinsteiger, Deisler, Scholl gesellt sich nun der bislang ausschließlich für seine Kringeldreher bekannte Karimi, in der Rackerabteilung fahren Frings, Hargreaves, Salihamidzic und Görlitz die Ellbogen aus. Sicher, ein Luxusproblem, daraus eine Mannschaft zu bauen. Aber tauschen möchte man mit Magath auch nicht.

Der hat den alltäglichen Rummel um den FC Bayern bislang erstaunlich cool gemeistert, hält sich auch vor dem Pokalfinale zurück, lässt andere die Sprüche klopfen. Hoeneß: „Undenkbar, dass eine Mannschaft wie Schalke den FC Bayern dreimal in einem Jahr schlägt.“ Rangnick: „Geht es nach den Bayern, bräuchten wir gar nicht erst anzutreten. Aber vor unseren Duellen in der Bundesliga waren sie ja auch sehr optimistisch.“ Ballack: „Wir sind so stark und gefestigt, dass wir gar nicht so auf den Gegner schauen.“ Magath, der gleich in seinem ersten Jahr das Double holen könnte, den selbst der ewige Grantler Beckenbauer in den Himmel hebt („mit Magath gewinnen wir die Champions League“), der schon angekündigt hat, er wolle am liebsten „für immer in München bleiben“, dieser Felix Magath sagt zu dem ganzen Ballyhoo um das Berliner Finale: „Es sollte ein wunderbarer Pokalabend werden.“