Gewerkschaften jubeln, Kommunen jammern

TARIFVERHANDLUNGEN 6,3 Prozent mehr Gehalt für den öffentlichen Dienst. Ver.di: Streik hat sich gelohnt

POTSDAM/BERLIN dpa | Nach zwei Warnstreikwellen und hartem Verhandlungspoker ist der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst ausgestanden. Die schon jetzt hoch verschuldeten Städte und Gemeinden sehen sich damit jedoch vor neuen Finanzproblemen. Denn die 2 Millionen Beschäftigten in den Kommunen und beim Bund erhalten über die nächsten zwei Jahre in mehreren Stufen insgesamt 6,3 Prozent mehr Geld.

Die Kommunen bezifferten ihre Mehrausgaben durch den Tarifvertrag auf 2,2 Milliarden in diesem Jahr und rund 4,3 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Beim Bund schlägt der Abschluss mit 550 Millionen Euro zu Buche.

Der Präsident der kommunalen Arbeitgebervereinigung, Thomas Böhle, sowie Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagten, sie seien angesichts der öffentlichen Haushaltslage „bis an die Schmerzgrenze“ gegangen. Weitere Streiks seien dadurch aber vermieden worden. Zugleich gebe die Laufzeit von 24 Monaten den Arbeitgebern Planungssicherheit. Der Deutsche Städtetag, der nicht an den Verhandlungen beteiligt war, erklärte, die neuen Belastungen für die Haushalte der Kommunen gingen „an die Grenze des Vertretbaren“. Die Schulden der Kommunen beliefen sich bereits auf 130 Milliarden Euro.

Nach dem neuen Tarifvertrag sollen die Gehälter rückwirkend zum 1. März um 3,5 Prozent steigen. Weitere Erhöhungen von jeweils 1,4 Prozent folgen dann im Januar und im August 2013. Die Gewerkschaften – Ver.di und die dbb-Tarifunion des Beamtenbundes – hatten 6,5 Prozent mehr Geld verlangt, mindestens aber 200 Euro pro Monat, bei einer einjährigen Laufzeit.

Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte, insgesamt sei es gelungen, „die Reallöhne für 2012 und 2013 nachhaltig zu sichern“. Ein solcher Abschluss wäre ohne die große Entschlossenheit der Streikenden in den vergangenen Wochen nicht möglich gewesen. Um den Druck auf die Arbeitgeber vor der dritten Runde in Potsdam zu erhöhen, hatten sich mehr als 200.000 Beschäftigte an zwei Warnstreikwellen beteiligt. Der Vorsitzende der dbb-Tarifunion, Frank Stöhr, sagte, die Beschäftigten hielten Anschluss an die allgemeine Lohnentwicklung. Alles andere wäre nicht nur ungerecht, sondern hätte die Anwerbung von qualifiziertem Nachwuchs gefährdet.