LESERINNENBRIEFE
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Schäbiges Verhalten

■ betr.: „Im Zweifel gegen die Frauen“, taz vom 30. 3. 12

Dieser Leitkommentar entspricht der absoluten Realität. Die FDP-Minister Rösler und Brüderle geben vor der Kamera mit stolzer Miene bekannt, die einzige Partei zu sein, die die soziale Marktwirtschaft noch verteidigt. Welche soziale Marktwirtschaft denn? In Deutschland herrscht mittlerweile Kapitalismus pur.

Ich betone, dass es die FDP ist, die Solarkürzungen beschließt, den Mindestlohn auf Bundesebene und eine Transaktionssteuer verhindert. Diese FDP vertritt schon lange nicht mehr das Wahlvolk, sondern die Interessen des Kapitals. Das Verhalten dieser Partei gegenüber den 11.000 Frauen, die jetzt um ihre Existenz bangen, könnte schäbiger nicht sein. MARTIN BRÖMER, Iserlohn

Solidarität ade

■ betr.: „FDP kündigt Schlecker-Solidarität auf“, taz vom 30. 3. 12

Die FDP ist so weit von der sozialen Marktwirtschaft entfernt wie eine Schildkröte vom Stabhochsprung! Wenn in einem Staatswesen – bei sinkendem Wohlstand – in gleichem Maße die Solidarität abnimmt, setzt der Staat seine Vertragsidee und damit seine Legitimation aufs Spiel. Wenn politisch wirtschaftliche Entscheidungen, die staatliche Verpflichtung gegenüber den Bürgern einschränken oder aufheben, kann man schwerlich Bürgerpflichten einklagen!

JENS DANIEL, Dortmund

Anwalt der Reichen

■ betr.: „FDP kündigt Schlecker-Solidarität auf“, taz vom 30. 3. 12

Die FDP ließ die Hilfsaktion für die Schlecker-Frauen platzen und sparte damit den von ihr mitregierten Bundesländern einige Millionen. Warum ist aber die FDP munter bei den Euro-Rettungsschirmen dabei, wo die Staaten hunderte von Milliarden in den Ring werfen?

Nun ja, dabei wird nicht den kleinen Leuten in Spanien oder Griechenland geholfen, denn die leiden unsäglich unter den auferlegten Sparmaßnahmen. Gerettet werden dort Staaten, die von korrupten Eliten in die Überschuldung manövriert wurden, weil sie ihre Gewinne steuerfrei auf Schweizer Konten bunkern. Und es werden Banken gerettet, die sich verzockten, weil sie diesen Staaten Kredite ohne Ende gaben. Die FDP ist allein der Anwalt der Reichen, der Aktionäre der Banken und Konzerne, die nun weiterhin zum Beispiel Waffen nach Griechenland liefern können. Sie ist zugleich der Feind der Marktwirtschaft, die nur funktioniert, wenn genügend Nachfrage vorhanden ist. Denn vereinfacht gilt die Regel: Kleine Leute geben ihr Geld wieder aus, während die hohen Einkommen der Reichen zu Billionen auf die Finanzmärkte abwandern. Und die Steuersenkungspartei bedroht den Rechtsstaat, der im Sumpf der Überschuldung zu ersticken droht. HANS OETTE, Neuenstadt

Überflüssige FDP

■ betr.: „FDP kündigt Schlecker-Solidarität auf“, taz vom 30. 3. 12

Immerhin ist die Partei konsequent, denn die Schlecker-Frauen wählen wohl zu null Prozent die FDP, Banker aber sind genau das Klientel dieser überflüssig gewordenen Partei. Und für das eigene Klientel macht die FDP seit Jahren rücksichtslos alles. Hoffentlich nicht mehr lange … STEFAN BLUEMER, Mülheim an der Ruhr

Variante neuer Spießigkeit

■ betr.: „Wir brauchen den neuen muslimischen Mann“, taz vom 28. 3. 12

Nach 1968 schien der Charme des bürgerlich-patriarchalen Vertrags zwischen Ungleichen, genannt „Ehe“, zu verblassen. Neuerdings aber stolpern alle übereinander, im Bestreben so schnell wie möglich zum Standesamt zu kommen: Lesben, Schwule, Heteros und Heteras. Weil es nicht genug muslimische Männer gebe, die sich auf erfolgreiche Frauen einlassen, sehnten sich viele gut ausgebildete muslimische Frauen gar nach polygamen Ehen, schreibt Kübra Yücel.

Mehrfachbeziehungen nannte man früher ménage à trois oder „Kommune I“, ohne dass die Betreffenden das Bedürfnis hatten, ihre Verhältnisse von Staat oder religiösen Instanzen absegnen zu lassen. Polygame Ehen wären dann wohl die Multikultivariante der neuen Spießigkeit. CLAUDIA PINL, Köln

Von wegen Ressourcenvorbehalt

■ betr.: „Schön wär’s“, taz vom 29. 3. 12

Die Transportkosten von Kindern zu unterschiedlichen Schulen verpuffen Jahr für Jahr in der Luft, belasten die Umwelt mit CO2, dienen nicht der Bildung von Kindern, lediglich deren Selektion. Sie sind also eine gigantische Verschwendung von Steuergeldern. Jede Form von Schulgebäudeum- und -ausbau für inklusiven Unterricht steht nachhaltig zur Verfügung und amortisiert sich je nach Art des Umbaus innerhalb weniger Jahrgänge durch die Ersparnis der Kosten der Schülerbeförderung. Nach Berechnungen von Bildungsexperten sind zum Beispiel die Kosten für den Transport eines einzigen Schülers zu einer speziellen Schule für Körperbehinderte bei einer Entfernung von circa 30 Kilometer während seiner gesamten Schullaufbahn etwa genau so hoch, wie der Umbau der wohnortnahen Schule. Mit dem dann ersparten Steuergeld könnte man prima Lehrkräfte, kleine Klassen etc. finanzieren. Von wegen Ressourcenvorbehalt!

MAGDALENA FEDERLIN, Aichach