„Bildung für alle – und umsonst“

Der Protesttag gegen Bildungs- und Sozial-Abbau und für kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule zog gestern mehrere Tausend DemonstrantInnen auf den Marktplatz. Gefordert wurde ein Politikwechsel

Bremen taz ■ Gestern Vormittag um halb elf war alles dicht am Leibnizplatz in der Bremer Neustadt: Etwa fünfzig angehende ErzieherInnen des Berufsschulzentrums Delmestraße hatten die Kreuzung besetzt und ließen verständnislose Autofahrer nur zögerlich passieren. Nach und nach traf Verstärkung ein – von der Schule am Leibnizplatz und dem Schulzentrum Kornstraße, zusammen rund 200 SchülerInnen.

Zur gleichen Zeit hielten Studierende an der Bremer Universität das Verwaltungsgebäude blockiert. Man sähe sich zu dieser Maßnahme gezwungen, teilte der Asta mit, weil sich die Hochschulleitung bildungspolitisch mittlerweile offen gegen studentische Interessen stelle, indem sie etwa Studiengebühren ab dem ersten Semester plane.

Mit den beiden Blockaden begann gestern ein Protesttag gegen Bildungs- und Sozial-Abbau. Dazu aufgerufen hatten die GesamtschülerInnenvertretung (GSV), die ASten der Hochschulen, die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Gesamtelternbeitrat der städtischen Kitas und das Bündnis gegen Sozialkahlschlag.

In einem Sternmarsch strömten viele Hundert SchülerInnen aus den Stadtteilen zum Marktplatz, einige waren sogar aus Bremerhaven angereist. Schließlich versammelten sich mehrere tausend Menschen vor der Bremer Bürgerschaft zur „größten Demonstration gegen die Bildungspolitik seit Bestehen der großen Koalition“, so Jürgen Burger, Landesvorstandssprecher der GEW. Moritz Wilke von der GSV bezeichnete es als Neuheit, dass so viele verschiedene Initiativen beim Protest an einem Strang zögen: „Die Angst, der eigene Teilbereich könnte beim gemeinsamen Protest zu kurz kommen, wurde überwunden.“

Der gemeinsame Protest richtete sich gegen ein ganzes Bündel von Maßnahmen und Entwicklungen im Bildungs- und Sozialbereich gleichzeitig: Gebühren für Kitas und Universitäten wurden als untragbar angeprangert, ebenso 1-Euro-Jobs im Bildungsbereich oder das neue Bremer Schulverwaltungsgesetz. Nach Ansicht protestierender SchülerInnen beschneidet dieses die demokratische Mitbestimmung. „Diktatorisch“ benehme sich der Bildungssenator, so ein Schüler aus dem Publikum: „Der drückt seine Anordnungen schnell durch und kümmert sich nicht darum, wenn draußen auf der Straße dagegen demonstriert wird“.

Ausgiebig kritisierten die RednerInnen die Finanzpolitik des Senats: „Bremen hat nicht nur kein Geld, es ist auch völlig unfähig, mit dem Geld umzugehen, dass es hat“, so Claudia Bernhard vom Elternbeirat der Kitas. „Der beton-orientierte Investitionsbegriff gehört verschrottet“, bekräftigte Bernd Winkelmann, GEW-Vorsitzender in Bremerhaven. Es sei wichtiger, in Bildung zu investieren als in zweifelhafte Prestigeprojekte. „Wir sind uns einig, dass wir einen Politikwechsel wollen.“ Peter König