„Fliegende Hände“

25. Jubiläum des Gebärdenspracheninstituts

■ 41, ist der erste gehörlose Professor Deutschlands überhaupt und Lehrstuhlinhaber am Institut für Sprache der Universität Hamburg.

taz: Herr Rathmann, wer studiert Gebärdensprache und womit beschäftigt sich diese Wissenschaft?

Christian Rathmann: Ganz unterschiedliche Menschen und nicht nur Gehörlose. Wir bilden zum Beispiel zum Gebärdendolmetscher aus. Taube übersetzen zwischen der deutschen und einer ausländischen Gebärdensprache. Hörende zwischen Laut- und Gebärdensprache. In der Theorie geht es um Regelwerk, Grammatik und Dialekte.

Dialekte?

Auch in der Gebärdensprache gibt es Dialekte. Beispielsweise unterscheidet sich das Zeichen für Wasser in Hamburg und München voneinander. Das macht nur einen Teil unserer Forschung aus. Wir befassen uns auch mit der Gehörlosenkultur, die eigene Traditionen und Werte hervorgebracht hat.

Was ist so anders an der Kultur der Gehörlosen?

Ein Beispiel sind Witze. Viele funktionieren nur in der gesprochenen Sprache. Im Gebärdendeutsch gibt es eigene Witze. Leider muss man sich gegenseitig sehen, um darüber zu lachen.

Dabei war die Geschichte bis zur Anerkennung der Gebärdensprache gar nicht komisch.

In der Tat. Lange Zeit wurde gehörlosen Kindern die Lautsprache aufgezwungen. Sie durften nicht gebärden. Für viele war das ein Trauma. Erst als man erkannte, dass es Gehörlosen viel leichter fällt, sich auf diese Weise auszudrücken, veränderte sich diese Mentalität.

Ein schöner Erfolg, dass ihr Institut nun das 25. Jubiläum feiert. Was erwartet die BesucherInnen?

Viel Interessantes. Für Hörende wird es aber bestimmt auch ein Kulturschock: Im Foyer werden die Hände nur so fliegen. INTERVIEW: JRA

Einlass: 18.30 Uhr, Anna-Siemsen-Hörsaal, Von-Melle-Park 8