Mit Sowjetnostalgie ins Präsidentenamt

Bei der mongolischen Präsidentenwahl besiegt ein Exkommunist den Kandidaten der zerstrittenen Demokraten

PEKING taz ■ Nambariin Enkhbayar wird neuer Präsident der Mongolei: Im ersten Wahlgang besiegte der frühere Regierungschef am Sonntag seine drei Mitbewerber klar mit über 53 Prozent der Stimmen. Damit entschieden sich die Mongolen wieder für einen Vertreter der exkommunistischen Revolutionären Volkspartei (MRVP), die das Land bis zum Zerfall der Sowjetunion sieben Jahrzehnte lang diktatorisch regiert hatte.

Der 47-Jährige, der in Moskau studiert hat, war bis Sommer 2004 vier Jahre lang Regierungschef. Nachdem seine Partei bei den Parlamentswahlen im Juni fast die Hälfte ihrer Sitze verlor, wurde er Parlamentspräsident. Seine Regierung hatte er mit straffer Hand geführt und Moskau überzeugt, der Mongolei 98 Prozent der Altschulden aus der sowjetischen Zeit zu erlassen. Die Oppositionspresse wirft ihm vor, Millionen US-Dollar in die eigene Tasche geleitet zu haben.

Im Wahlkampf appellierte Enkhbayar ans Nationalgefühl und versprach, mehr Investoren ins Land zu holen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Viele Mongolen – vor allem auf dem Land – erinnern die Zeiten des sowjetischen Kommunismus mittlerweile mit einer gewissen Nostalgie, weil Moskau damals auch dafür sorgte, dass Geld für Schulen und Gesundheitsversorgung in den Satellitenstaat floss.

Obwohl die mongolische Wirtschaft nach einer radikalen Privatisierungspolitik der 90er-Jahre zuletzt mit über zehn Prozent wuchs, lebt mehr als ein Drittel der 2,6 Millionen Bewohner in großer Armut. Inzwischen wächst die Zahl der Kinder, die sich keinen Schulbesuch leisten können.

Vier Kandidaten hatten sich um die Präsidentschaft beworben. Enkhbayars schärfster Rivale Mendsaikhanin Enkhsaikhan von der zerstrittenen Demokratischen Partei erzielte nach ersten Berechnungen rund 20 Prozent der Stimmen und gestand am frühen Montagmorgen seine Niederlage ein.

Enkhbayar löst den bisherigen Staatschef, seinen Parteifreund Natsagiin Bagabandi, ab. Er trat nach zwei Amtsperioden nicht mehr an. Rund eine Million Mongolen gingen zur Wahl, womit die Wahlbeteiligung bei etwa 75 Prozent und damit zehn Prozent niedriger lag als in den vergangenen Jahren. Für die Mongolen war dies bereits die dritte Wahl in weniger als einem Jahr nach der Parlamentswahl vom Juni und den Kommunalwahlen im Oktober. Der Präsident hat vor allem repräsentative Funktionen. Er ist aber auch Oberhaupt der Streitkräfte und hat ein Vetorecht bei der Verabschiedung von Gesetzen. JUTTA LIETSCH