War da was?

In seinem Verantwortungsbereich wurde ein Mensch zu Tode gebracht – kein Hindernis für Bremens Innensenator Thomas Röwekamp (CDU), nun zum Vize-Bürgermeister aufzusteigen

Ein Mann, in dessen Verantwortungsbereich vor fünf Monaten ein Mensch zu Tode gebracht wurde, wird nun Stellvertreter von Bremens Bürgermeister Henning Scherf. Und nur die kleine Opposition der Grünen regt das wirklich auf.

Innensenator Thomas Röwekamp wurde jetzt von der Bremer CDU als stellvertretender Regierungschef präsentiert, nachdem der Rücktritt von Sekt-Senator Peter Gloystein, der das Vize-Amt bisher innehatte, eine Neusortierung des CDU-Spitzenpersonals notwendig gemacht hatte. „Hervorragend im Griff“ habe Röwekamp sein Ressort, so CDU-Landeschef Bernd Neumann – der Brechmittel-Skandal, bei dem am 27. Dezember ein mutmaßlicher Dealer nach gewaltsamer Brechmittel-Vergabe im Bremer Polizeipräsdium erst ins Koma gefallen und Tage später gestorben war, ist für die Christdemokraten kein Thema mehr. Röwekamp gilt nach einer kürzlich erhobenen Umfrage als der populärste der jungen CDU-Politiker Bremens. Sein Verhalten im Brechmittel-Fall dürfte da eine Rolle gespielt haben.

Röwekamp hatte damals in einer ersten Reaktion den Koma-Zustand des Afrikaners glatt geleugnet. Über den brutalen Einsatz, nach dem der zu Hilfe gerufene Notarzt „Tod durch Ertrinken“ notiert hatte, sagte er: Den habe sich der mutmaßliche Dealer „selber zuzuschreiben“. Auch wenn der 38-jährige Senator später den Todesfall bedauerte und sein erstes Statement zurücknahm, bei dem er über den Zustand des Mannes falsch informiert worden sei – von der Haltung, der Mann habe verdient, was mit ihm geschah, hat sich Thomas Röwekamp nie wirklich distanziert.

Wegen seiner Äußerung, „Schwerstkriminelle, die solche schweren Straftaten begehen, müssen mit körperlichen Nachteilen rechnen“ wurde Röwekamp von empörten BürgerInnen sogar angezeigt – das Verfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt. Röwekamp verstieg sich indes zu der Unterscheidung von „körperlichen“ und „gesundheitlichen Nachteilen“: letztere zu erleiden sei rechtswidrig, erstere hingegen hinzunehmen. Das Wort „Schwerstkriminelle“ – der Afrikaner hatte zwar Drogenkügelchen im Magen, war als Dealer aber nicht polizeibekannt – habe er politisch, nicht juristisch gemeint, so der studierte Jurist Röwekamp.

So wehrte der Senator Angriffe ab und verwies nicht zu Unrecht auf eine Mitverantwortung des SPD-geführten Justizressorts. Von seiner Partei und ihren Wählern bekam er für seine Hardliner-Pose viel Zuspruch. Koalitionspartnerin SPD, anfangs scharfe Röwekamp-Kritikerin, gehorchte im entscheidenden Moment der Koalitionsräson und ließ ihn beim Misstrauensvotum nicht durchfallen.

War da was? „Ich sehe da keinen Zusammenhang“, so der CDU-Innenpolitiker Rolf Herderhorst auf die Frage, ob der Brechmittel-Fall bei der Nominierung des Senators eine Rolle gespielt habe. SPD-Landeschef Carsten Sieling erklärte Richtung Röwekamp: „In seinem neuen Amt darf er sich derartige Ausreißer nicht erlauben und muss beweisen, dass das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt ist.“

Nur die Grünen üben scharfe Kritik. Der Innensenator habe sich „unprofessionell und zynisch“ verhalten, so Innenexperte Matthias Güldner. Röwekamps Aufstieg „zeigt, wieviel der CDU das Leben einzelner wert ist.“ Es sei bezeichnend für die Partei, „dass die Sektattacke, so daneben sie war, Peter Gloystein mehr geschadet hat, als der Tod eines Menschen der CDU.“

Susanne Gieffers