LESERINNENBRIEFE
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Pflicht im Sinne des Kindeswohls

■ betr.: „Alex zieht vor Gericht“, taz vom 24. 3. 12

Was für eine furchtbare Katastrophe! Wenn Alex wirklich Transgender ist, braucht sie verständnisvolle, unterstützende Menschen im sozialen Nahbereich und vielleicht psychologische Unterstützung im Alltag. Sollte jedoch die Beeinflussung durch die Mutter zu einer vermeintlichen Transsexualität geführt haben, gehörte eher die Mutter zwangseingewiesen.

Fakt scheint aber doch zu sein, dass einzig die Mutter sich um die Feststellung der wahren Interessen ihres Kindes bemüht, indem sie um Begutachtung bittet und Spezialisten hinzuziehen möchte. Eine Zustimmung des Jugendamts und des Kammergerichts zu den Begutachtungen und zu therapeutischer Hilfe sind Pflicht im Sinne des Kindeswohls. Sie würden im Gegensatz zur geplanten Zwangseinweisung zwecks „Unterbindung geschlechtsatypischen Verhaltens“ nicht vorschnell Fakten schaffen und Schaden anrichten, sondern dienten der Entspannung und Wahrheitsfindung.

BARBARA RIEPING, Schloss Holte-Stukenbrock

Vermutlich keine „silver surfers“

■ betr.: „Piraten schlagen die Grünen“, taz vom 26. 3. 12

Ein Viertel der saarländischen Piraten-Wähler sind Neuwähler, und wahrscheinlich sind auch die von anderen Parteien abgeworbenen Wähler keine silver surfers. Insofern sind die Piraten ein Spiegelbild einer nicht aufgegangenen Junge-Leute-Strategie der etablierten Parteien – und damit auch eines Versagens von deren Jugendorganisationen.

Ansonsten kann man sich freuen, dass das Piraten-Phänomen die Erstarrung und das Verharren in altbekannten Positionen der etablierten Parteien aufzeigt. Ob sich aber hieraus eine inhaltliche Substanz entwickelt, die auch in politische Veränderungen mündet, ist fraglich. ALEXANDER KÖPPEN-DLUGOSCH, Berlin

Politische Landschaft verändert

■ betr.: „Wahlen im Saarland“, taz vom 26. 3. 12

Nicht nur Fukushima hat die politische Landschaft in Deutschland umgekrempelt (Baden-Württemberg), sondern und vor allem die andauernde Finanzkrise. Im Saarland liegt die neoliberale FDP bei 1,2 Prozent. Die Grünen sind inzwischen so „regierungsfähig“, dass jene, die einen echten politischen Wechsel wollen, die Piraten wählen. Das konservative Spektrum (CDU/CSU) liegt nun bei 35 Prozent. Obwohl das linke Spektrum eine breite Mehrheit hat, entscheidet sich die SPD immer öfter für die große Koalition – und sperrt damit die Möglichkeit für jenen politischen Wechsel, den sich viele WählerInnen wünschen. Mit dieser Strategie werden die Sozialdemokraten weniger und nicht mehr Stimmen bekommen. Hat die SPD aus der schweren Krise, die ihr die verschiedenen Schröders und Clements beschert haben, wirklich etwas gelernt oder nur die „Verpackung“ verändert? Spannend wird es nun in Nordrhein-Westfalen.DAVIDE BROCCHI, Köln

Neuwahl auf Steuerzahlerkosten

■ betr.: „Gescheit gescheitert“, taz vom 26. 3. 12

Die Saar SPD braucht sich über das Ergebnis nicht zu wundern. Wer eine Neuwahl auf Steuerzahlerkosten nur veranstaltet, um zu sehen, wer in einer schon vorher faktisch festgelegten großen Koalition der Chef ist, der hat es verdient, so bestraft zu werden. Wirklich moderne linke sozialliberale Politik machen SPD und Grüne schon lange nicht mehr, und das Ergebnis ist die weitere Etablierung der Piraten, davon, dass man die Linke loswird, ganz zu schweigen. Wann wacht ihr endlich auf? MARKUS MEISTER, Berlin

FDP ist nicht mehr wählbar

■ betr.: „FDP bleibt deutlich über 0 Prozent“, taz vom 26. 3. 12

Die Saarland-Wahl bestätigt, unabhängig vom Wahlergebnis, einen eindeutigen Deutschlandtrend: Die FDP gehört im Parteiensystem der Bundesrepublik zwischen Rügen und München jetzt endgültig zum politischen Auslaufmodell im 21. Jahrhundert. Die Liberalen fristen ihr politisches Dasein in Zukunft als winzig kleine Splitterpartei in der außerparlamentarischen Opposition. Die FDP ist schon lange nicht mehr das „Zünglein an der Waage“ oder der Juniorpartner in Regierungskoalitionen. Für die Wähler ist die FDP schlichtweg überflüssig und nicht mehr wählbar. ALBERT ALTEN, Wernigerode

Kernschmelze bei den Grünen

■ betr.: „Piraten hängen Grüne ab“, taz vom 26. 3. 12

Die Kernschmelze bei den (Bündnis-)Grünen kommt nicht überraschend. Denn erstens hat man sich vom Fukushima- und Stuttgart-21-Hoch blenden lassen und dabei vergessen, dass es darauf ankommt, nicht stehen zu bleiben, sondern sich programmatisch weiterzuentwickeln. Und zweitens führt jede Koalition mit der CDU zu einem tiefen nachhaltigen Vertrauensverlust, weil man damit ausgerechnet jene politischen Kräfte unterstützt, deren Inhalte man im Wahlkampf zuvor noch mit größter Inbrunst zu bekämpfen verspricht. Es ist deshalb keine Überraschung, dass gerade die Piraten am erfolgreichsten in grünen Gefilden wildern, da sie von der Sozialstruktur her eine ähnliche Klientel ansprechen, aber eine wesentlich höhere Glaubwürdigkeit auszeichnet! RASMUS PH. HELT, Hamburg