Klopapier gefährdet Bauern

Weil die Nachfrage nach Papier steigt, wird immer mehr Eukalyptus angebaut. Böden trocknen aus. In Ländern wie Brasilien verliert die Bevölkerung ihre Lebensgrundlage

BERLIN taz ■ Achtung! Nase putzen mit Tempos gefährdet Landrechte von Indianern und verschmutzt Gewässer in Brasilien. Das behauptet die Waldschutzorganisation Robin Wood. Der Zellstoff für die Marke Tempo stamme aus Eukalyptusplantagen von Aracruz Cellulose, dem größten Waldwirtschafts- und Zellstoffunternehmen Brasiliens.

Die Waldschützer unterstützen den Kampf von 2.500 Indianern in der brasilianischen Region Espirito Santo. Aracruz Cellulose weigere sich, ein Gebiet von 11.000 Hektar zurückzugeben, das die Behörden bereits als indianisches Land anerkannt hätten, sagt Robin-Wood-Experte Peter Gerhardt. Aracruz Cellulose exportiert 95 Prozent seines Zellstoffes und hat einen Jahresumsatz von 12,3 Milliarden Dollar. Es stellt etwa 7.000 Arbeitsplätze in der Region – inklusive Sozialstandards, Weiterbildung und Gewerkschaftsfreiheit.

Dennoch, so Gerhardt, habe er bei seiner Recherchereise nach Espirito Santo „viel Eukalyptus und viel Leid“ gesehen. Seit Beginn der Zellstoffproduktion 1967 habe das Unternehmen indigene Bevölkerung und Kleinbauern vertrieben und ein „ökologisches Desaster“ angerichtet. Die Bewohner klagten über ausgetrocknete Flüsse und Quellen wegen des hohen Wasserbedarfs der Bäume und der Fabrik, sowie über tote Fische durch Pestizide und Mineraldünger.

Ob Klopapier oder Windeln – die Nachfrage nach Zellstoff und Papier steigt weltweit rasant – nicht nur im Norden, auch in China und anderswo. Daher sind Plantagen aus schnell wachsenden Bäumen wie Eukalyptus auf dem Vormarsch. Doch das muss kein Nachteil sein. „Bei guter Planung wirkt sich eine Plantage positiv aus“, sagt Professor Jürgen Bauhus, Leiter des Waldbauinstituts an der Uni Freiburg. So könnten öde tropische Graslandschaften durch Plantagen sinnvoller genutzt werden. Laut einer internationalen Studie schneiden gut bewirtschaftete Plantagen gegenüber herkömmlichem Ackerbau ökologisch sogar besser ab. Plantagen brauchen weniger Dünger, weil die Blätter dem Boden Nährstoffe zuführen, weniger Pflanzenschutz, und sie werden erst nach etwa sieben Jahren geerntet, was weniger Störungen für die Natur bedeutet. Nein zu Plantagen sagt die Studie, wenn der Wasserhaushalt gestört wird oder Rechte der Bevölkerung missachtet werden.

Auf der Iberischen Halbinsel finden sich gute und schlechte Beispiele. Im regenreichen spanischen Galicien und an der portugiesischen Atlantikküste gebe es „keinerlei Probleme“, erklärt Leif Nutto vom Freiburger Institut für Forstbenutzung. Anders in der trockeneren südspanischen Region Cadiz-Huelva, wo Eukalyptus zu viel Wasser aus dem Boden zieht. Besonders schlimm steht es um die Plantagen auf der indonesischen Insel Sumatra. Hier werden von Konzernen tropische Regenwälder in Akazienplantagen umgewandelt – für Zellstoff und Papier.

Hierzulande können sich die Käufer von Taschentüchern, Gartenmöbeln oder Büropapier an zwei Siegeln orientieren: dem Blauen Engel für Recyclingpapier und dem internationalen Siegel FSC (Forest Stewardship Council) für Produkte aus nachhaltiger Waldnutzung oder Plantagenwirtschaft. BEATE STRENGE