Vater ohne Kind und Recht

Trotz richterlichen Verbots versucht die Ausländerbehörde, einen Serben abzuschieben, der mit seinem deutschen Sohn in Hamburg lebt. Anwältin will das Amt verklagen

Einem gerichtlichen Verbot zum Trotz hat die Hamburger Ausländerbehörde versucht, einen aus Serbien-Montenegro stammenden Mann in sein Herkunftsland abzuschieben. Dragan D. ist Vater eines Kindes mit deutschem Pass, das Hamburger Oberverwaltungsgericht (OVG) hat seine Abschiebung deshalb einstweilen untersagt – und trotzdem erschienen Beamte der Ausländerbehörde in der Nacht zum 11. Mai in der Wohnung von D., um ihn zum Flughafen zu bringen. Der 30-Jährige aber war vorsorglich nicht zu Hause.

Dragan D. lebt seit 1998 in der Bundesrepublik, nach Ablauf seines Visums jedoch ohne aufenthaltsrechtlichen Status. Sein Sohn wurde geboren, zwei Tage bevor er wegen einer Strafsache in Untersuchungshaft kam. Nach seiner Entlassung wollte er einen Aufenthaltstitel beantragen – und wurde festgenommen. Da keine Haftgründe vorlagen, entließ der Haftrichter ihn allerdings noch am selben Tag.

Als er am folgenden Termin in der Ausländerbehörde nur seinen Abschiebetermin mitgeteilt bekam, stellte seine Anwältin Ilka Quirling einen Antrag auf einstweiligen Rechtschutz vor dem Verwaltungsgericht. Sie argumentierte mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes: Diese entschieden mehrfach, dass der Vater eines minderjährigen deutschen Kindes, mit dem er in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, nicht abgeschoben werden darf.

Das Verwaltungsgericht wies den Antrag dennoch ab: D. habe wegen der Untersuchungshaft die ersten Monate nicht mit seinem Sohn zusammen gelebt, deswegen sei es ihm jetzt zuzumuten, ohne sein Kind zu leben. „Damit wird ein Grundrecht ausgehebelt, das ein Recht auf die Wahrung von Familienleben garantiert“, beanstandet Quirling.

Ihrer Beschwerde beim OVG wurde stattgegeben. Die Ausländerbehörde dürfe D. nicht abschieben, bis über seinen Fall endgültig entschieden sei. Die Mitarbeiter der Ausländerbehörde kamen dennoch in der folgenden Nacht.

Inzwischen hat D. eine Duldung bis zum 2. Juni erhalten. „Was die Ausländerbehörde mit dem Abschiebeversuch praktiziert, ist eine versuchte Verschleppung“, urteilt Anwältin Quirling. Sie kündigte rechtliche Schritte gegen die Ausländerbehörde an. Nina Schulz