Tanztheater statt VWs „made in Poland“

Bis morgen heißt es in Berlin „Posen kommt! Poznań w Berlinie“. Die polnische Boomtown stellt sich aber wenigerals Wirtschaftsstandort vor, sondern als Kulturmetropole. Im Gepäck sind zwei ungewöhnliche Off-Produktionen

Wenn sich eine Stadt wie Posen in Berlin präsentiert, könnte man annehmen, am Alexanderplatz würden zahlreiche VWs „made in Poland“ ausgestellt. Doch nichts da. Wenn es heute und morgen heißt „Posen kommt! Poznań w Berlinie“ steht nicht die Boomtown und Messestadt im Vordergrund, sondern das kulturelle Leben der 500.000 Einwohner zählenden Stadt an der Warthe.

Und das hat es in sich. Vorbei sind die Zeiten, in denen in Posen vor allem Hochkultur zelebriert wurde. Wie in Berlin lebt Posen heute von der Mischung aus etablierter und Off-Szene. Die Bedeutung der freien Szene hat inzwischen auch die Stadtverwaltung entdeckt. Zur Vorstellung der Posener Tage in Berlin brachte der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, Tomasz Kayser, nicht nur die Chefin der Kulturabteilung mit, sondern auch Michał Merczyński. Der organisiert seit vielen Jahren das Theaterfestival am Malta-See, das größte Open-Air-Event der freien Szene in ganz Europa.

Nach Berlin bringt Posen vor allem zwei kulturelle Highlights mit, das musikalische Werk „Sinfonie der Gärten“ und das Spektakel „Transss … Ein unechtes Ereignis mit Gombrowicz“ des Tanztheaters in Posen.

Die Berliner Uraufführung der „Sinfonie der Gärten“ findet am Freitagabend um 20 Uhr in der Kreuzberger Passionskirche statt. Das vokal-instrumentale Werk, das klassische und moderne Musikelemente mit multimedialen Projektionen verbindet, überschreitet dabei bewusst die Genregrenzen. Die Musik vermischt sich mit den Filmaufnahmen und führt dadurch zu einer Performance. Aus den Zuhörern werden Zuschauer.

Das Projekt entstand auf Initiative des Posener Musikers und Komponisten Zbigniew Łowżył. Für seine Arbeit engagierte er über 44 Künstler, die in Polen als junge Vertreter unabhängiger Kunst, der Filmavangarde und neuer Richtungen zeitgenössischer Klassik gezählt werden. Im Rahmen der Arbeit zu diesem Projekt stellte sich zum Beispiel heraus, dass man den Posener Knabenchor und das Posener Kammerorchester durchaus mit jungen DJs auf die Bühne bringen kann.

Das zweite Highlight findet bereits heute Abend in der Kreuzberger Heiligkreuzkirche statt. Das Tanztheater „Transss … Ein unechtes Ereignis mit Gombrowicz“ der Autorin und Choreografin Ewa Wycichowska soll allerdings keine Adaption eines Romans über das Schicksal eines Exilschriftstellers sein, sondern eine Diskussion mit der Literatur. Dank der Tänzer entsteht auf der Bühne die für Gombrowicz so typische Atmosphäre der Groteske.

Es gibt zahlreiche Gründe, sich die Formation „Polnisches Tanztheater – Posener Ballett“ in Berlin anzuschauen. Unter anderem wird über diese Institution geredet, dass sie ein sonderbares choreografisches Forum für die Meister, genauso aber für die Vertreter der jungen Generation ist.

Ganz ohne Wirtschaft geht es dann aber doch nicht. Parallel zum Kulturprogramm laden Wirtschaftsvertreter für heute früh zum Investitions- und Wirtschaftsforum „Wirtschafts-Brennpunkt Poznań“. Allerdings schon um 9.30 Uhr in der Frühe.

MONIKA STEFANEK