zahl der woche
: BMW eröffnet neues Werk in Leipzig – Sachsen wird Autoland

5.500

5.500 Arbeitsplätze – in dieser Größenordnung werden in diesen Zeiten üblicherweise Stellen abgebaut. Politik und Presse haben dann etwas zu streiten: Ist es moralisch, wenn sich die Deutsche Bank oder Opel systemkonform verhalten und rationalisieren? Ist es nicht vielleicht unpatriotisch?

Wie die Aussendung des Heiligen Wachstumsgeistes zu Pfingsten muss es deshalb wirken, wenn beim gestern offiziell eingeweihten BMW-Werk in Leipzig in gleicher Größenordnung Arbeitsplätze entstehen – so lauten jedenfalls die Versprechen. Diese Zahl ist umso beachtlicher, wenn man bedenkt, dass konkurrenzfähige Hightech-Arbeitsplätze immer höheren Kapitaleinsatz verlangen. Bei 1,3 Milliarden Euro Investitionen in Leipzig, das ist etwa eine Viertelmillion pro Arbeitsplatz, liegt BMW dabei im Vergleich beispielsweise zu den Chip-Giganten noch längst nicht an der Spitze.

Vorerst sind es zwar nur etwa 2.500 Arbeitsplätze, und man darf ohne Miesmacherei skeptisch sein, ob die Prognosen auch erreicht werden. Das lehren die labile Autokonjunktur und die Erfahrungen mit der hoch gelobten Gläsernen Manufaktur von VW in Dresden. Aber BMW geht es ja geradezu unverschämt gut. Siegesgewiss plant man in den nächsten vier Jahren eine Steigerung des Absatzes von zuletzt 1,2 auf 1,4 Millionen Autos jährlich. Und die Zeiten, in denen alle Welt BMW fährt, sind auch schon absehbar. Das Bemerkenswerte daran ist die Strategie, die gegen den angeblichen Trend zu laufen scheint: Vier Fünftel der Investitionen hat BMW in den letzten Jahren in Deutschland getätigt.

BMW-Vorstandschef Helmut Panke lobte gestern in Leipzig die „Qualitätsmerkmale des Standortes“, die nach wie vor „Spitzenprodukte unserer Industrie“ ermöglichten. Dazu gehören Ausbildung und Qualität der Mitarbeiter, Motivation, Infrastruktur und ein gutes Zulieferernetz – alles Gründe, warum BMW sich unter über 250 Bewerbern aus ganz Europa für Leipzig entschied.

In der Region Halle/Leipzig hat außerdem die öffentliche Hand kräftig nachgeholfen, um den Zuschlag unter 250 Bewerbern zu erhalten. 360 Millionen Euro Beihilfe hat die EU genehmigt. Und die künftigen Mitarbeiter haben hinsichtlich der flexiblen „rollenden Woche“ Konzessionen in puncto Arbeitsbedingungen gemacht, wie sie nur im Fernen Osten Deutschlands möglich sind. Je nach Produktionsvolumen kann an dem sächsischen Standort zwischen 60 und 140 Stunden pro Woche gearbeitet werden.

Natürlich hat es der Osten besonders nötig. Sogar 5.500 Arbeitsplätze sind im Gesamtmaßstab nicht mehr als ein Tropfen für ein hohles Fass. Vergleiche mit der Mittelstandsentwicklung hinken. Und über einen steuerlichen Nutzen für die Gemeinden über die indirekte Entlastung durch die Arbeitnehmer hinaus kann man nicht reden – das zeigen die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit den Großprojekten im Osten.

Aber man ist ja schon so dankbar für jede Festanstellung. Und es bleibt ein Imagegewinn. Hoffentlich nicht nur für Oberbürgermeister und Ministerpräsidenten. MICHAEL BARTSCH