Kein Geld für Kippen

Teurere Zigaretten halten Jugendliche vom Rauchen ab. Auch deshalb wird die Tabaksteuer weiter steigen

Wenn die Zigaretten zu teuer werden, vergeht Deutschlands Jugend offenbar die Lust am Rauchen. Nach der Tabaksteuererhöhung im vergangenen Jahr ist die Zahl der jugendlichen Raucher im Alter zwischen 12 und 17 Jahren um 13 Prozent zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach vom Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie in Köln, die der taz vorliegt.

„Das ist ein großer Erfolg dieser Steuerpolitik“, sagte Lauterbach, der auch Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) berät. Preiserhöhungen seien das einzige Mittel, Jugendliche vom Rauchen abzuhalten, da sie deutlich empfindlicher darauf reagieren als Erwachsene. „Vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien überlegen sich zweimal, ob sie ihr Taschengeld für Zigaretten ausgeben“, sagte Lauterbach.

Deutsche Jugendliche rauchen ihre erste Zigarette im Durchschnitt im Alter von 13,6 Jahren. In keinem anderen europäischen Land wird so früh mit dem Rauchen begonnen. „Es gibt in Deutschland kaum Werbebeschränkungen. Außerdem sind Zigaretten nach wie vor zu billig“, sagte Lauterbach.

Nach Lauterbachs Untersuchungen sind junge Raucher für die Tabakindustrie besonders lohnend. Wer früh mit dem Rauchen anfängt, ist sehr wahrscheinlich ein Leben lang abhängig. „Der beste Kunde der Tabakindustrie ist ein zwölfjähriges Kind“, meint Lauterbach. Er verlangt deshalb von der Regierung, an der geplanten dritten Stufe der Tabaksteuererhöhung festzuhalten. Die steht derzeit nämlich wieder zur Debatte.

Ob eine Preiserhöhung die Menschen tatsächlich vom Rauchen abhält, ist durchaus umstritten. In zwei Stufen wurde der Preis einer Zigarette im letzten Jahr um jeweils 1,2 Cent angehoben. Danach wurden in Deutschland rund 12 Milliarden Zigaretten weniger verkauft. Rund 148,1 Milliarden Kippen kaufen die deutschen Raucher jetzt im Jahr.

Dass sie auch tatsächlich 12 Milliarden Zigaretten weniger rauchen, ist allerdings unwahrscheinlich. Nach Ansicht von Fachleuten haben die deutschen Raucher lediglich ihr Gewohnheiten geändert. Da loser Tabak, so genannter Feinschnitt, bislang nicht von der Tabaksteuererhöhung betroffen war, stieg dessen Absatz im gleichen Zeitraum um 30 Prozent. Außerdem werden offenbar mehr Zigaretten aus Osteuropa ins Land geschmuggelt – Geld, das dem Fiskus entgeht. Da sich die Deutschen sowieso nicht vom Rauchen abhalten lassen, wurde jüngst debattiert, die dritte Stufe der Tabaksteuererhöhung auszusetzen. Gestern entschied sich die grüne Bundestagsfraktion gegen eine Aussetzung.

„Es gibt keine Zahlen, die einen Anstieg des Zigarettenschmuggels belegen“, sagt Lauterbach. Die Erfolge der Steuererhöhung seien dagegen offensichtlich. Durch Preiserhöhungen würden mittelfristig mehr als 8.000 Menschen weniger sterben. PHILIPP DUDEK