Der lasche Herr Senator Peiner

Hamburgs ver.di-Vorsitzender Wolfgang Rose wirft der Finanzbehörde vor, aus standortpolitischen Gründen bewusst auf Steuereinnahmen zu verzichten

Die von SPD-Chef Franz Müntefering angestoßene Kapitalismusdebatte lässt offenbar auch hanseatische Gemüter nicht kalt. So holte der Landeschef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Wolfgang Rose, gestern – einen Tag vor der für heute erwarteten neuesten Steuerschätzung – zu einer saftigen Ohrfeige für Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) aus. „Hamburg ist die deutsche Hochburg für Steuerhinterziehung, und der Senat tut nichts dagegen“, schimpfte Rose mit Verweis auf einen Bericht des Wirtschaftsmagazins impulse.

Bei einer Umfrage unter 2.200 Steuerkanzleien wurden die „strengsten und pragmatischsten Finanzämter“ Deutschlands erhoben. Das stupende Resultat: Hamburg liegt im Vergleich der Bundesländer auf dem letzten, also „pragmatischsten“ Platz – und das Hamburger Finanzamt für Großunternehmen landete beim Ranking aller 575 Finanzbehörden gar auf dem vorletzten Rang. „Ausgerechnet das Finanzamt gilt als das nachgiebigste und lascheste, das für die Betriebsprüfungen von Hamburger Großunternehmen zuständig ist“, so Roses Interpretation.

Der Senat verzichte mit dieser „Standortpolitik“ auf mehrere hundert Millionen Euro Unternehmenssteuern und verfahre nach dem Motto „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“, polemisierte der Gewerkschaftsboss in einem „Thesenpapier“ weiter. Während „Arbeitnehmer und Mittelstand blechen“ müssten und bei der Sozial-, Arbeits- und Bildungspolitik gekürzt werde, drücke der Senat bei den ganz Großen beide Augen zu.

Anstatt endlich mehr Betriebsprüfer einzustellen, verstoße der Beust-Senat bewusst gegen das verfassungsmäßige Steuermonopol des Staates, indem sie an Wirtschaftskriminalität vorbeigucke und „Steuerhinterziehung regierungsoffiziell bagatellisiert“. Wenn der Finanzsenator Krokodilstränen darüber vergieße, dass auf der Einnahmeseite des Haushalts kein Geld mehr da sei, sei das „falsch und eine arglistige Täuschung“ der Bürger.

Die Finanzbehörde reagierte gelassen auf die Attacken Roses. Die impulse-Studie sei „wenig repräsentativ“ und „hoch subjektiv“, ließ der Sprecher des urlaubenden Senators wissen. Im Übrigen seien der „Pragmatismus“ und die „Kundenfreundlichkeit“ der hiesigen Finanzbehörde ein „positiver Standortfaktor für Hamburg“. Markus Jox