Saarland dünnt seine Grundschulen aus

Unionsgeführter Landtag beschließt das Aus von 100 Grundschulen. Trotz aller Proteste – auch aus der eigenen Partei

SAARBRÜCKEN taz ■ Die Proteste von Schülern, Lehrern und Eltern waren vergeblich. Heute wird im Saarbrücker Landtag wohl beschlossen, dass im bettelarmen Land knapp 100 Grundschulen von insgesamt 269 dicht gemacht werden.

Denn Peter Müller (CDU), Ministerpräsident des Saarlands, wird mit der absoluten Mehrheit im Landtag das „Schulordnungsgesetz“ durchbringen können. Daran wird dann auch nichts ändern, dass die Oppositionsparteien SPD, FDP und Grüne gemeinsam mit den Lehrergewerkschaften gegen das Gesetz kämpften.

Peter Hans jedenfalls, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, ist sich sicher, dass seine Leute dem von Kultusminister Jürgen Schreier (CDU) vorgelegten Gesetzentwurf heute zustimmen werden. Noch diesen Monat könnte mit der Umsetzung der darin enthaltenen Bestimmungen begonnen werden.

Jährlich rund 17,5 Millionen Euro will die Landesregierung durch die Schließung jener Grundschulen einsparen, in denen aus Mangel an Schülern keine zwei Jahrgangsklassen mehr eingerichtet werden können.

Dabei bringt das Gesetz selbst die Bürgermeister mit schwarzem Parteibuch in den betroffenen Kommunen in Rage. In einer Gemeinde ohne Grundschule, sagen sie, dünne doch nach und nach die Bevölkerung aus. Einige Kommunalpolitiker sind schon aus der Union ausgetreten, wie Müller mittlerweile einräumen musste. Bei 22.000 Mitgliedern der CDU an der Saar sei das aber eine „verschwindende Minderheit“, so Müller.

Dennoch steht der Ministerpräsident mit dem Rücken an der Wand. Protestaktionen und Personalversammlungen gab es an fast allen Grundschulen des Landes. Und die „Landesinitiative zur Rettung der Grundschulen“ sammelte mehr als 30.000 Unterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens gegen das Gesetz – 5.000 hätten schon genügt.

Die Landesregierung prüft derzeit die Unterschriften, will das Schulordnungsgesetz aber trotzdem erst einmal verabschieden. Für Bernhard Strube ist das eine gezielte Provokation. Das Gesetz, so der Sprecher der Initiative, werde so schnell wie möglich verabschiedet, um dann der Umsetzung des Volksbegehrens „formelle Steine in den Weg legen“ zu können.

CDU-Fraktionschef Hans deutete indes an, wie das aussehen könnte. „Die Landesregierung hat nach der Verfassung die Verpflichtung, die Einleitung eines Volksbegehrens dann zu versagen, wenn dem Land durch seine Durchführung erhebliche Kosten entstehen würden“, sagte er.

Und da mit dem neuen Gesetz jährlich viel Geld eingespart würde, ein eventuell erfolgreiches Volksbegehren dagegen dieses Einsparvolumen aber torpediere, müsse jetzt über die Nichtzulassung des Begehrens aus verfassungsrechtlichen Gründen nachgedacht werden.

Das wiederum empörte die Grünen, die von Müller und der CDU „wenigstens so viel Anstand“ verlangten, dem Begehren des Volkes ihren Respekt nicht zu versagen. Die SPD forderte die Union gestern auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen – denn die geplanten Einsparungen im Grundschulbereich retteten das Saarland ohnehin nicht vor der finanziellen Misere. Sie würden allerdings die „Zukunftsperspektiven unserer Kinder“ verschlechtern.

Die FDP wiederum sprach von einem „bildungspolitischen Super-GAU“. Müller aber zieht sein Gesetz mit dem Verweis auf die „finanzielle Situation des Landes“ eisern durch. Die Grundschulschließungen würden schließlich auch den demografischen Entwicklungen Rechnung tragen, sagt er. Und die besagen ja, dass es immer weniger Kinder geben wird.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT