Mubarak geht lieber auf Nummer Sicher

In Ägypten entscheidet das Parlament über die Spielregeln für die Präsidentschaftswahlen. Kritik der Opposition

BERLIN taz ■ Das ägyptische Parlament soll heute über einen Verfassungszusatz entscheiden, der regelt, wer bei den geplanten Präsidentschaftswahlen kandidieren darf. Am Sonntag hatte das Oberhaus bereits den entsprechenden Passus gebilligt. Die für September angesetzten Wahlen sind die ersten, bei denen mehrere Kandidaten zugelassen werden sollen. Bislang gab es lediglich Referenden über die Wiederwahl Husni Mubaraks, der seit 1981 Präsident ist. Mehrere Oppositionsparteien haben ihre Kandidatur von der Entscheidung des Parlaments abhängig gemacht.

Der Zusatz zu Artikel 76 der Verfassung sieht zwei Möglichkeiten einer Kandidatur vor. Ein Bewerber für das oberste Amt im Staat muss entweder Mitglied einer offiziell zugelassenen Partei sein oder sich vorab die Unterstützung von mindestens 65 Parlamentsabgeordneten, 26 Mitgliedern der Shura, eines Beratergremiums, sowie 10 Mitgliedern von Kommunalverwaltungen vorweisen, ehe er seine Kandidatur einreichen kann. Alle drei gewählten Gremien werden von der Nationaldemokratischen Partei (NDP) Mubaraks dominiert.

Derlei bereits befürchtete Einschränkungen hatten im Vorfeld zu lebhaften Diskussionen geführt. Die Muslimbrüder und andere Oppositionsparteien forderten die Abgeordneten auf, den Verfassungszusatz in der vorliegenden Form abzulehnen. Die Vorlage schließe alle Kandidaten aus, die nicht der herrschenden NDP angehörten. Die Muslimbrüder, die stärkste und am besten organisierte Oppositionspartei, sind seit 1954 verboten, einige ihrer Aktivitäten werden aber toleriert. Die Partei setzt sich für Reformen ein und fordert eine Überwachung der Wahlen durch Juristen.

Die Oppositionsparteien setzen sich außerdem für die Aufhebung des Notstandsrechts ein, das seit 1981 in Kraft ist, und verlangen einen freien Zugang zu den Medien. Mubarak präsentierte kürzlich in einer sechsstündigen Sondersendung eine Art Wahlprogramm, obwohl der 77-Jährige seine Kandidatur noch nicht offiziell bekannt gegeben hat. Oppositionspolitiker zweifeln daran, dass sie ähnliche Möglichkeiten haben werden.

Eine der Parteien, die das heutige Votum der Abgeordneten abwarten wollen, ist die Volksbewegung für Veränderung (Kifaya). „Wenn sie extreme Bedingungen für unabhängige Kandidaten festschreiben, wäre es besser, wenn wir uns aus einem so absurden Spiel zurückziehen“, sagte Kifaya-Vertreter Abdul-Ela Madi vergangene Woche gegenüber der Zeitung Al Ahram Weekly. So, wie es derzeit aussehe, handele es sich um ein von der Regierung kreiertes Szenario, um den Eindruck demokratischer Wahlen zu schaffen.

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