Auf den Dieb gezoomt

Der Uni-Rektor ist überzeugt: Videokameras verhindern Diebstähle, ohne Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Viele Studierende bezweifeln das

Bremen taz ■ Flachbildschirme, Laptops, tragbare Videoprojektoren – mit zunehmender Technisierung des Uni-Alltags mausert sich der Campus zu einem Eldorado für Technik-Marder. Ziel einer ganzen Serie von Einbrüchen und Diebstählen war in der Vergangenheit das Mehrzweckhochhaus (MZH), in dem sich die öffentlichen Rechnerpools der Uni, aber auch die Fachbereiche Mathematik und Informatik befinden. Jahr für Jahr entstanden dort Schäden im fünfstelligen Euro-Bereich. Versichert ist die Universität nicht: Die fälligen Prämien wären zu hoch.

Um Diebe künftig abzuschrecken, ließ der Rektor kürzlich 19 Videokameras im Inneren des MZH montieren, die Flure und Eingänge stets im Focus haben. Mit dem Personalrat hatte er sich zuvor abgestimmt – vergessen hatte der Rektor offenbar, dass sich an seiner Universität auch Studierende aufhalten.

Die wollen jetzt nicht hinnehmen, dass sie bei der Einführung der Videoüberwachung übergangen wurden. Bereits 300 Unterschriften haben sie gegen den Betrieb der Kameras gesammelt. Verständnis findet das Unbehagen des akademischen Nachwuchses über den Umgang mit ihrem eigenen Bild auch bei manchen Professoren. „Alleine die Art der Einführung provoziert Widerstand“, so der Informatiker Hans-Jörg Kreowski.

Nur drei Personen – der Datenschutzbeauftragte der Uni, ein Personalratsvertreter und ein Abgesandter des Baudezernats – haben gemeinsam Zugang zu den Videoaufnahmen, die in einem besonders gesicherten Raum für vier Tage vorgehalten und dann automatisch gelöscht werden. Diese Troika darf die Bilder nur einsehen, „wenn Anzeichen für eine Straftat zum Nachteil der Universität oder deren Beschäftigten bzw. von berechtigten Nutzern des Gebäudes vorliegen“, wie es in der Vereinbarung zwischen Rektor und Personalrat heißt.

Dieses komplizierte Verfahren werde immer bloße Theorie bleiben, davon ist Hans-Eberhard Porst überzeugt. Der Dekan des Fachbereichs Mathematik und Informatik ist sicher, dass alleine die Präsenz der Kameras jeden weiteren Diebstahl verhindern würden – das Dreier-Gremium werde niemals zusammentreten, die jetzt heiß diskutierten Aufnahmen werde niemand zu Gesicht bekommen. Er verweist auf den Erfolg der Video-Überwachung im benachbarten Seminar- und Forschungsverfügungsgebäude (SFG): Dort sei seit der Montage von Kameras kein einziger Diebstahl mehr passiert.

Ob die Überwachungsanlage im MZH jemals ihren Nutzen unter Beweis stellen kann, ist trotzdem fraglich. Denn zeitgleich mit den Kameras wurde im Gebäude auch ein neues Schließsystem installiert, das ganze Arbeitsgruppen hermetisch von unkontrolliertem Publikumsverkehr abschottet. Wo kein externer Dieb hinkommt, kann er auch nichts klauen. Oder anders gesagt: Doppelt hält besser. Auf die Kameras alleine ist nämlich kein Verlass: Zu den normalen Arbeitszeiten müssen sie abgeschaltet bleiben – darauf hat der Personalrat insistiert. Ansonsten könnten sie schließlich für Anwesenheitskontrollen missbraucht werden. Peter König

Am 11. Mai findet eine Diskussion zu Videoüberwachung statt - siehe Kasten.