China senkt Wachstumsziel und setzt auf mehr Konsum

VOLKSKONGRESS Ministerpräsident Wen will nur noch 7,5 Prozent Wachstum, dafür aber mehr Effizienz

BERLIN taz | In seiner Eröffnungsrede zur Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses hat Chinas Ministerpräsident Wen Jiaboa am Montag zum ersten Mal seit Jahren das Wachstumsziel unter 8 Prozent gesenkt. 7,5 Prozent sollen es in diesem Jahr werden. 2011 war mit 9,2 Prozent wie in den letzten Jahren üblich das Ziel übertroffen worden. Beobachter erwarten, dass auch 2012 mindestens 8 Prozent erreicht werden. Doch Wen stimmte in seiner knapp zweistündigen Rede die Bevölkerung auf schwierigere Zeiten ein.

Als Inflationsziel nannte er wieder 4 Prozent, obwohl die Preise im letzten Jahr um 5,4 Prozent gestiegen waren. Die Umstrukturierung der Wirtschaft „werde immer dringender, aber auch immer schwieriger“, sagte der 69-Jährige zu Beginn seines letzten Amtsjahres. In einem Jahr soll sein Nachfolger, höchstwahrscheinlich der bisherige Vizepremie Li Keqiang, ins Amt eingeführt werden.

Wen nannte neben dem zu erwartenden Wachstumsrückgang noch andere Probleme wie hohe Preise und den überhitzten Immobilienmarkt. Er plädierte für die Ankurbelung des Binnenmarktes, um die Exportabhängigkeit zu verringern. Die schwache Wirtschaft in den USA und die Schuldenkrise in Europa wirken sich negativ auf die Volksrepublik aus. Chinas bisheriges hohes Wirtschaftswachstum nannte Wen „unausgewogen, unkoordiniert und nicht aufrechtzuerhalten“. Die Entwicklung müsse „stärker nachhaltig und effizienter“ werden.

Wen versprach auch eine gerechtere Einkommensverteilung sowie die Anhebung der unteren und mittleren Einkommen. Auch sprach er sich für den Schutz bäuerlicher Landrechte aus. Landkonflikte sind laut der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften für zwei Drittel aller Proteste verantwortlich und gelten als größte Gefahr für die Stabilität. SVEN HANSEN