Hellas Geburtstag

Die Musik war schon sehr schlimm: als Frühlingsfrischler mit dem Fahrrad im Berliner Umland unterwegs

Es ist ja immer seltsam, feiertags aufs Land zu fahren. Die liebe Sonne ist Brötchen holen, und auf dem Bahnsteig der Yorckstraße denken die Mitfrühlingsfrischler darüber nach, ob sie einen Kinderfahrschein für das Fahrrad lösen müssten und wie das alles korrekt zu lösen sei.

Unsere Radtour hatten wir aus dem Internet gezogen, aber eigentlich hatte sie in einem Buch gestanden, in dem es hieß, dass wir auf unserem Ausflug Fischottern und verwunschenen Seen begegnen würden. Schön war jedenfalls die Natur im Walde. Ausflügler mit bunt behelmten Kindern zum Beispiel und Eichhörnchen. Manchmal klingelte das Handy, während wir auf weichem Waldboden radelten. Irgendwo Richtung Rangsdorf gab es mehrere durchgehend verrostete Lastschiffe, in deren Bauch es modrig roch. Am Rande des Waldweges tranken VatertagslerInnen um die fünfzig und murrten, weil wir nicht geklingelt hatten. Ein sympathisch leicht betrunkener Einheimischer in Patchworkstrickjacke erklärte uns alles über Rangsdorf. Vieles würde einem Nazi gehören.

Ein Schiff mit Piratenflagge stand auf dem Gelände der Wirtschaft am See. Die Musik war sehr schlimm. Das haben die Menschen immer gern, wenn sie draußen zusammensitzen. Die Hinterbeine eines kleinen Hundes waren verletzt. Eine dicke Frau schleifte ihn am Schwanz ziehend mit. Eine tote Ente trieb im Wasser vorbei. In einem Häuschen wohnte eine Beraterin für bebaute und unbebaute Grundstücke. Ein kleines Schlösschen sah aus wie Disneyland. Einige Fahrzeuge hatten Münchner Kennzeichen. Lange fuhren wir in der Sonne über endlose Felder. Ein Kuckuck rief. Wer jetzt kein Geld in der Tasche hat, wird auch in den nächsten sieben Jahre keins mehr kriegen. Komisch, dass es bei Ausflügen immer darauf hinausläuft, dass der eine immer vorne, der andere immer am Schluss fährt. Und dass das immer bestritten wird.

In Diedersdorf gab es eine große Festlichkeit mit Hüpfburg, Schweinshaxe und Paulaner-Bier. „Griechischer Wein“, „Schni-Schna-Schnappi“ und dann Daft Punk. Komisch. Unter den tausend Menschen gab es nur einen, dessen T-Shirt auf Nazi-Gesinnung deutete. Vatertagsstereotypen waren rar und sind wohl mehr im Norden Berlins zu finden. Als ein junger Mann in Bundeswehrtarnuniform an ihnen vorbeiging, stimmten Passanten das Lied der „Deutschis“ (tip) an. Zwei junge Männer sagten verwundert: „Die sind ja so hager“, als wir an ihnen vorbeifuhren. Der schöne Flieder, den wir mitnahmen, war zu Hause gleich tot.

DETLEF KUHLBRODT