Mut zum Leerstand

Die Bremer Investitionsgesellschaft stellt den Büromarktreport 2004 vor: Der Trend geht zur Innenstadt, aber es wird weniger gebaut

Bremen taz ■ Ulrich Keller mag das Wort „Leerstand“ nicht: Er würde lieber von „Fluktuationsreserve“ sprechen, betonte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Bremer Investitions-Gesellschaft BIG gestern bei der Vorstellung des Bremer Büromarktreports für 2004.

Keller gibt dem Leerstand nicht nur einen neuen Namen – er findet auch eine positive Interpretation: Eine Menge leerer Büros sei nötig, damit es auf dem Markt ein vernünftiges Angebot gebe. „In einem Kaufhaus sagt man ja auch nicht: Alles was hier steht, ist bloß unverkaufte Ware!“ Trotzdem: Kaufhäuser mit zu großem Lager rechnen sich nicht. Das wissen auch die Bauherren – und haben prompt reagiert. 2004 war nur gut halb so viel Bürofläche im Bau wie im Jahr zuvor. Ebenfalls rückläufig ist der Anteil der Flächen, die bereits bei Baubeginn fest vermietet sind. Laut BIG ist das sensible Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage schuld an diesem Rückgang.

In Bremen stehen derzeit gut vier Prozent der gesamten Büroflächen leer. Im Vergleich zu Leipzig mit über 20 Prozent wirkt das grundsolide. Konkret summiert sich der Bremer Leerstand allerdings auf stolze 126.000 Quadratmeter – bei einer seit Jahren unveränderten Nachfrage von gut 80.000 Quadratmetern pro Jahr. Wie viele tausend Quadratmeter jährlich frei werden, ist nicht Thema des Reports.

Bei diesem breiten Angebot sollte für jeden Interessenten etwas dabeisein: Der Leerstand betrifft gleichermaßen große wie kleinteilige Gebäude, günstige wie hochpreisige Lagen. Auch bei den Standorten herrscht freie Auswahl. Eng könnte es höchstens werden, wenn eine Firma große, zusammenhängende Flächen oder ein ganzes Gebäude sucht. Solche Großvermietungen über 5.000 Quadratmeter seien im vergangenen Jahr allerdings nicht zustande gekommen, räumte BIG-Chef Ulrich Keller ein. Trotzdem gibt man sich bei der BIG zufrieden mit dieser Bilanz – „im Angesicht der konjunkturellen Gesamtlage sogar sehr zufrieden“, wie Keller betonte.

Jeder dritte neu vermietete Büro-Quadratmeter des vergangenen Jahres befindet sich in der Innenstadt. Für Ulrich Keller ein positives Signal: Dieser Trend sei auf die aktive Aufwertung der Flächen durch Pflege der Immobilien zurückzuführen, so seine Interpretation. Allerdings erfasst der Bremer Büromarktreport nicht, wie viel der frisch vermieteten Fläche noch im gleichen Jahr erneut auf den Markt geriet – als Fluktuationsreserve.

„Die BIG lernt offensichtlich dazu“, kommentiert Karin Krusche, baupolitische Sprecherin der Bremer Grünen, den Bericht. Denn: „Von Büroparks auf der grünen Wiese wie in Oberneuland oder einer Erweiterung des Technologieparks ist glücklicherweise nicht mehr die Rede.“ Besonders freut Krusche der Trend unter den Firmen, weg vom Stadtrand und wieder in die Innenstadt zu ziehen: „Das ist eine Bestätigung grüner Politik.“

Peter König