Brutal zerstobenes Glück

James Salter, der jetzt im Literaturhaus liest, seziert das Ende harmonischer Beziehungen mit eigenwilliger Präzision

Es ist vor allem das Scheitern, das der amerikanische Autor James Salter immer wieder zu beschreiben sucht. Das war in Lichtjahre so, dem in Deutschland erst vor kurzem erschienenen Roman über das Ende der nach außen so vorbildlichen Ehe von Viri und Nedra, einem in Salters Hang zur dichten Beschreibung irritierenden Buch, das allerdings nicht für jeden gemacht ist: Zu viele Personen treten auf. Eine Unordnung der Stimmen, die müde macht.

Auch der jüngste Kurzgeschichtenband Letzte Nacht – der zweite nach Dämmerung, aus dem Salter jetzt im Literaturhaus liest, beschäftigt sich mit den schwierigen Beziehungen der Menschen. Salter siedelt seine Protagonisten in den verschiedensten Milieus an. Meister der Verknappung wurde er oft genannt. Einer, der kein Wort zu viel schreibe. Und es stimmt, Salter bemüht sich um einen strengen, kargen Stil. Es groovt nicht, wenn Salter seine Protagonisten sprechen lässt.

Der 1925 geborene, in New York City, Aspen und auf Long Island lebende Autor macht es seinen Lesern nicht gerade leicht: So nüchtern schreibt kaum jemand über so unschöne Themen wie das Ende ehemals glücklicher Paarbeziehungen. Doch es ist ein eigener Ton, den er findet. In seiner konkreten Dinglichkeit fast schon wieder poetisch. Und Salter ist sich treu geblieben. Die Zeilen des Rezensenten der Los Angeles Times über Salters „Dämmerung“ von 1976 könnte man wunderbar auf die Klappe des neuen Buches drucken: „Knappe, glanzvolle, gekonnt geschriebene Erzählungen – sie werden Ihnen das Herz brechen.“ Also lesen Sie diese schreckliche Kurzgeschichte über einen Übersetzer, der seiner todkranken Frau helfen will, sich selbst zu töten – und gleichzeitig von der Zukunft mit seiner Geliebten träumt. Lesen Sie von den Krisen der Menschen, lesen Sie, dass die Liebe nicht ewig bleibt. Lesen Sie von der schmerzhaften Wahrheit, von enttäuschten Erwartungen und vom ewigen Scheitern. Oder noch besser: Hören Sie zu. „Mrs. Chandler war eine regelmäßige Kundin. Sie ging nicht zum Supermarkt am Stadtrand. Sie war eine der besten Kundinnen. War es gewesen. Sie kaufte nicht mehr soviel“. Sentenzen aus der Erzählung „Dämmerung“.

Marek Storch

Di, 10.5., 20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38