Wieder heftiger Krach bei Australiens Labor Party

AUSTRALIEN Expremier Kevin Rudd tritt als Außenminister zurück. Wird er Parteichef?

CANBERRA taz | Australiens Außenminister Kevin Rudd ist am Mittwoch überraschend zurückgetreten. Als Grund gab er an, Premierministerin Julia Gillard habe ihn nicht in genügendem Ausmaß vor Angriffen in den Medien geschützt. Über Wochen war spekuliert worden, Rudd sei dabei, Gillard zu „unterwandern“, um selbst wieder die Führung der Arbeiterpartei und damit der Regierung zu übernehmen. Rudd war im Juni 2010 nach einem parteiinternen Entscheid von seiner damaligen Stellvertreterin abgelöst werden. Seither herrschten zwischen den beiden Spannungen.

Rudd bezeichnete die anhaltenden Spekulationen in den Medien als „Seifenoper“. „Ich kann als Außenminister nur dienen, wenn ich das Vertrauen von Ministerpräsidentin Gillard und ihren wichtigsten Ministern habe“, sagte Rudd. „Daher halte ich es für das einzig ehrenwerte Vorgehen für mich, zurückzutreten.“ Er hätte sich nie an einem Putschversuch gegen Gillard beteiligt, so Rudd. Berichten zufolge soll die Partei am kommenden Montag über Gillards weitere Führung entscheiden. Rudd hatte es offengelassen, ob er selbst für das Amt kandidieren werde.

Wie sich die Labor Party entscheiden wird, könnte ihr Schicksal als Regierungspartei besiegeln. Labor regiert nur mit Unterstützung der Grünen und einer Handvoll Unabhängiger. Einige dieser Parlamentarier hatten bereits signalisiert, sie würden eine Änderung an der Spitze nicht unterstützen. Sollten sie ihre Drohung wahr machen, würde dies dem konservativen Oppositionsführer Tony Abbott zugutekommen. Dieser fordert von der in Umfragen schlecht abschneidenden Julia Gillard seit Monaten, sofort und nicht erst zum Termin Ende 2013 Neuwahlen auszurufen.

Kevin Rudd galt als beliebtester Premierminister seit Jahrzehnten. Als er jedoch im Frühjahr 2010 eine Steuer auf Rekordgewinne aus der Rohstoffausbeutung einführen wollte, brach ihm eine Negativkampagne von Ressourcenförderern wie BHP Billiton, Rio Tinto und Xstrata politisch das Genick: seine Beliebtheit sank auf ein Tief, was die Partei veranlasste, ihn im Juni 2010 durch Gillard zu ersetzen. Kaum im Amt, einigte sich Australiens erste Premierministerin mit den Bergbauunternehmen auf eine deutlich geringere Abgabe.

URS WÄLTERLIN