LESERINNENBRIEFE
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Streben nach Sicherheit

■ betr.: „Mehr Geld für W2-Profs“, taz vom 15. 2. 12

Im Grunde war das doch so zu erwarten, die Beamten schützen ihre Privilegien und das Ganze unabhängig von den sonstigen gesellschaftlichen und ökonomischen Realitäten. Man wird in Deutschland eben nicht Professor oder Lehrer, weil man Freude und Spaß an der Ausbildung und dem intellektuellen sowie beruflichen Werdegang junger Menschen hat, sondern weil man Beamter auf Lebenszeit werden möchte. Man strebt nach lebenslanger sozialer Sicherheit, einem damit einhergehenden höheren sozialen Status und der Möglichkeit, dieses Rundumsorglospaket beizubehalten, ohne dass man sich immerwährenden Leistungsfähigkeitserhebungen stellen muss. Natürlich kann man dem entgegensetzen, dass Professoren und Lehrer in Folge der Bildungsreformen der letzten fünfzehn Jahre unter sehr stressigen und schlechten Arbeits- und Rahmenbedingungen beschäftigt werden, aber dies gilt für die prekär Beschäftigten im deutschen Bildungsbetrieb umso mehr! Und genau diese prekär beschäftigten Dozenten, Lehrbeauftragten, befristeten wissenschaftlichen Mitarbeiter, Lehrkräfte für besondere Aufgaben und sonstige befristet angestellte Lehrkräfte werden die Zeche für diese nun notwendige Gehaltserhöhung der Beamten zahlen müssen, da weder die Länder noch der Bund wirklich signifikant mehr Geld für den Bildungsbetrieb in die Hand nehmen wollen und können.

NIKLAS KREBS, Hünfelden-Heringen

Urteil mit Signalwirkung

■ betr.: „Professoren helfen Professoren“, taz vom 15. 2. 12

Offenbar überschreitet es Füllers Horizont, dass die Richter mit dem Grundsatzurteil zu den Professorengehältern indirekt auch die skandalöse Unterfinanzierung des deutschen Universitätssystems brandmarken. Denn die Billig-Profs sind ja nur ein Indikator eines Systems, das bald seit Jahrzehnten immer wieder vor dem Kollaps steht, in dem „Lehrveranstaltungen“ zu studentischen Massenaufmärschen verkommen, feste Stellen für das Lehrpersonal aus Prinzip nicht neu besetzt werden und der akademische Mittelbau ein modernes Sklavendasein führt. Nicht überholte verfassungsrechtliche Vorgaben sind das Problem, wie Füller glaubt. Ganz im Gegenteil sind diese Vorgaben so etwas wie der „Fels in der Brandung“, der ein weiteres Herunterwirtschaften des Universitätssystems verhindern könnte, indem er eine Art Mindestlohn für Lehrende einführt.

Mitarbeiter und Studierende stehen der Dumpingspirale an deutschen Universitäten weitgehend machtlos gegenüber. Mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wie eine Beamtenbesoldung ausgestaltet sein muss, gehören die Professoren zu den wenigen, die auf einer rechtlichen Grundlage für eine angemessene Entlohnung argumentieren können. Das ist nur angemessen, denn als Beamte gehen sie auch große Verpflichtungen gegenüber ihrem Arbeitgeber ein. Es ist zu hoffen, dass dieses Urteil insgesamt Signalwirkung auf die Finanzierung der deutschen Hochschulen haben wird.

FABIAN STEEGMANN, Duisburg

Karlsruher Urteil ist gut so

■ betr.: „Professoren helfen Professoren“, taz vom 15. 2. 12

Herr Füller poltert am Thema vorbei! Es geht um Gerechtigkeit innerhalb des Beamtenstands, nicht um seine Infragestellung: Dass Professoren, die – aus Neigung oder wegen Lehrermangel an den Unis – weitgehend die Lehre bestreiten (und infolgedessen oft weder Zeit noch Kraft für lukrative Forschungsprojekte haben), weniger wert sein sollen als Kollegen, die sich primär der Forschung widmen, ist seit Einführung der W-Besoldung eine schlimme Diskriminierung. Deswegen ist das Karlsruher Urteil gut so!

Und was die Pflege der eigenen Beamtenkaste durch Politiker und Juristen angeht: Welcher Bürger möchte nicht das Alimentationsprinzip genießen? Statt die Privilegien des Beamtentums abschaffen zu wollen, könnten wir sie doch jedem Bürger zugestehen! Mit einem Grundeinkommen, das seinen Namen verdient, wäre jeder Bürger unkündbar ein wertgeschätztes Mitglied unserer Gesellschaft. Natürlich müssten die bisher Privilegierten zum Teilen bereit sein: Die Mindestlöhne, über die jetzt innerhalb des Beamtentums gestritten wird, sollten uns angesichts von Opfern des Lohndumpings, der Leiharbeit und des Hartz-IV-Systems die Schamröte ins Gesicht treiben! SABINE MIEHE, Marburg

Sehr coole Idee

■ betr.: „Abgabe für Kinderlose“, taz vom 15. 2. 12

Um finanzielle Besserstellung von Menschen mit Kindern im Haushalt kann es nicht gehen, denn das könnte man, ganz ohne das Grundgesetz anzugrabbeln, über Steigerung von Kindergeld und Freibeträgen und gleichzeitige leichte Erhöhung der Steuersätze. Also könnte man, spaßeshalber den Unsinn zu Ende denkend, abendelang zwischen lustig und makaber diskutieren, wer nun kinderlos ist und wer nicht. Denn: man ist ja nicht plötzlich „kinderlos“, weil die Gören aus dem Haus sind! Was, wenn man sein Kind zur Adoption freigibt? Oder „nur“ ein Adoptivkind hat? Oder gar „nur“ Pflegekinder abbekommt? Wenn das Kind als Säugling stirbt? Wenn es erst mit 15 stirbt, mit 19? Wenn es tot geboren wird? Wenn totgeboren noch zählt, was ist mit Fehlgeburten? Und: Reicht zeugen oder muss mann auch erziehen?! Oder wenigstens Alimente zahlen? Was ist bei Zeugen durch Vergewaltigung? Und: Wenn ein Paar zusammen nur ein Kind hat, sind sie dann halb-kinderlos? Wenn Adoption zählt: was ist mit der Adoption Erwachsener? 17,5-Jähriger?

Sehr coole Idee. SILKE KARCHER, Berlin