Neonazis sammeln sich

RECHTSEXTREME Bei ihrem jährlichen Protestzug zeigt die NPD offen ihre Nähe zu den autonomen Nationalisten, auch als Reaktion auf den großen Gegenprotest

DRESDEN taz | Die Neonazis kommen am Hautbahnhof an. In unmittelbarer Nähe hatte das rechtsextreme „Aktionsbündnis“ den Auftakt des diesjährigen Aufmarschs geplant. Um 18.15 sind dort bereits rund 1.000 meist schwarz Gekleidete erschienen, um, hinter Polizeigittern weiträumig abgeschirmt von jeglichem Gegenprotest, ein paar Transparente zu zeigen. Bis zu 2.000 Teilnehmer wurden bei der Demonstration insgesamt erwartet. Auch die Spitze der rechtsradikalen NPD ist diesmal dabei. Der Bundesvorsitzende Holger Apfel ist mit der kompletten Fraktion aus dem Sächsischen Landtag erschienen.

Die offen zur Schau gestellte Zusammenarbeit mit den autonomen Gruppen der „Freien Nationalisten“ ist neu. Letztes Jahr hatte sich die NPD offiziell noch um Distanz bemüht. Aber 2012 ist nicht 2011. Die Erfahrungen der letzten Jahre wirken nach. Zweimal in Folge, 2011 und schon 2010, war der größte Neonazimarsch in Europa mit bis zu über 6.000 Teilnehmern gestoppt worden – durch den vielfältigen Widerstand ziviler Gruppen.

Die Ausrichtung weiterer Märsche war daher unter den Rechtsextremen umstritten. Die einen wollten am exakten Jahrestag Präsenz zeigen, die anderen lieber am Samstag danach, weil sich für das Wochenende besser mobilisieren lässt. Die „Junge Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO), die über Jahre die Märsche an der Elbe verantwortete, hatte schon einen Marsch für den kommenden Samstag angemeldet, dann aber wieder zurückgezogen.

Mit der Fokussierung auf ein Datum hat sich vor allem NPD-Chef Holger Apfel durchgesetzt. In der Parteizeitung Deutsche Stimme hatte er schon im Mai geschrieben: „Es ist wichtig und richtig, dass wir an Tagen wie dem 13. Februar die angloamerikanischen Vernichtungsexzesse in Erinnerung rufen.“ Damit aber sei es auch genug. Denn das „nationale Lager“ würde sich „teilweise nur noch über seine Trauerkultur definieren“, so Apfel. Seit Jahren will er einen gegenwartsbezogen Kurs. Die Aktionsformen hinterfragen auch „Freie Nationalisten“. Weg von angemeldeten Großdemos, hin zu spontanen Kleinaktionen, das ist ihr neues Credo.

„Neue Aktionsformen werden gesucht und ausprobiert“, sagt Martin Langebach, Rechtsextremismusexperte an der Universität Düsseldorf. Stefan Thiel vom „Bündnis Dresden Frei“ widerspricht nicht, betont aber: „Es ist jetzt schon ein Erfolg, dass die Neonazis bisher dieses Jahr nur einen Marsch offiziell angemeldet haben.“ ANDREAS SPEIT