LESERINNENBRIEFE
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Zum Nachteil der KünstlerInnen

■ betr.: „Gehört das Urheberrecht abgeschafft?“, taz vom 8. 2. 12

Ihr „Pro“-Beitrag suggeriert, vom Urheberrecht würde nur eine korrupte Musik- und Filmindustrie profitieren. Das ist schlicht aus offensichtlicher Ahnungslosigkeit generierter Schwachsinn, ebenso wie die Schlussfolgerung, die jederzeitige Verfügbarkeit der digitalen Kopiermöglichkeit mache das Recht auf geistiges Eigentum obsolet: Danach würden perfekte Farbkopierer auch das unautorisierte Nachmachen von Geldscheinen legitimieren.

Das Urheberrecht wurde geschaffen, um schöpferische Werke, deren Urheber (und ihre Familien) ökonomisch abzusichern, da gerade Autoren, Musiker, Maler, Bildhauer und Film- und Theaterkünstler, die durch die freiberufliche Struktur ihrer Arbeit oftmals über keine oder nur eine unzureichende Altersvorsorge verfügen, besonders von Altersarmut bedroht sind.

Es wurde jedoch auch aufgrund einer historisch – wenn auch sehr langsam gewachsenen – veränderten Betrachtung des Wertes kreativer Leistung – Stichwort „Respekt“ – entwickelt. Noch unter Josef II. konnte sich ein Graf durch Zahlung einer bestimmten Summe (heute würden wir das „Buy-out“ nennen) alle Rechte an dem nicht gerade unbedeutenden „Requiem“ Mozarts sichern und sich gleichzeitig als dessen Urheber ausgeben. Parallel dazu waren de facto alle deren Werke Mozarts Allgemeingut, das jeder nach Gutdünken aufführen, einsetzen, verändern und damit Geld verdienen konnte. Er selbst bekam beispielsweise für die erfolgreiche Aufführung des „Don Giovanni“ in Prag oder Frankfurt zwei Jahre nach der Erstaufführung in Wien keinen Heller, während sein Sohn Carl, der die Oper Anfang des 19. Jahrhunderts in Mailand aufführte, vom Einspielergebnis nur einer einzigen Vorstellung bereits ein Landgut erwerben konnte: Man hätte Mozart ein Urheberrechtsgesetz, wie wir es heute – noch! – haben, von Herzen gewünscht.

Was Sie propagieren, ist nichts weniger als ein Rückfall in die Rechtssituation des 18. Jahrhunderts: Nach dem Willen des Parteivorstands der Grünen und – ähnlich lautend – der Piratenpartei soll unser Urheberrechtsgesetz, das in ähnlicher Form in ganz Europa besteht, nun nämlich radikal verändert werden. Zum Nachteil der Künstler, oder, salopp gesagt, aus dem Urheberschutz soll ein Verbraucherschutz werden. Wenn es nach dieser Ihrer Lesart nun tatsächlich ein „Unrecht wird, mit Kunst Geld zu verdienen“, wird es absehbar keine Kunst mehr geben, die die Verfechter des globalen urheberrechtsfreien Raums gratis downloaden, verwenden, kopieren, verhunzen und vermarkten können, weil sich niemand mehr den Luxus einer Künstlerexistenz wird leisten können!

XAO SEFFCHEQUE, Filmautor und Komponist

Wertbeständiges produzieren

■ betr.: „Recyceln ist alternativlos“, taz vom 6. 2. 12

Recyceln ist alternativlos, aber es reicht nicht, diesen neuen Wirtschaftszweig zu fördern, der auch wieder Unmengen an Energie verschlingt. Wir müssen wieder Wertbeständigeres produzieren, uns von der Wegwerfgesellschaft abwenden! In den 1970er und 1980er Jahren gebaute Waschmaschinen taten ihren Dienst 30 Jahre lang; es gab Ersatzteile, und Reparaturen waren bezahlbar. Als dann aber die Leute alles Wichtige hatten, musste die Lebensdauer der täglichen Dinge kürzer werden, damit das Wirtschaftswunder nicht abflaute. Warum nicht wieder zur „deutschen Wertarbeit“ zurückkehren, nach diesem zerstörerischen Ausflug in den als Globalisierung verkauften Konsumwahn? Weil unsere Wirtschaft wachsen muss! So führt auch die Rohstofffrage letztlich zu unserem zentralen Zukunftsthema, das in der Politik von rechts nach links mit Erfolg tabuisiert wird.

SABINE MIEHE, Marburg