Steinmeier-Team findet wenig Freunde

SPD Grüne und Gewerkschaften gehen auf Distanz zu Steinmeier. Den Grünen missfällt, dass die SPD auf den Bauernlobbyisten Udo Folgart setzt. Dies sei „eine Kampfansage“ an die Ökolandwirtschaft

BERLIN taz | Die Bündnisgrünen sind mit dem Team von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier für die Bundestagswahl unzufrieden.

Grünen-Chefin Claudia Roth hält das 18-köpfige SPD-Schattenkabinett, das aus zehn Frauen und acht Männern besteht, für ein Signal für die Fortsetzung der großen Koalition. Besonders kritisch sehen die Grünen Udo Folgart, der Vizepräsident des Bauernverbandes ist und im Steinmeier-Trupp für Landwirtschaft zuständig sein soll. Die grüne Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken sagte der taz, dass Folgart „eine Kampfansage an alle ist, die für eine nachhaltige, mittelständische Landwirtschaft eintreten“. Folgart ist nicht SPD-Mitglied, sitzt aber seit 2004 für die SPD im Brandenburger Landtag. Bis 1991 war er Chef einer LPG, seitdem ist er Geschäftsführer eines agrarindustriellen Betriebes in Brandenburg. Gentechnik in der Landwirtschaft hält er für unverzichtbar.

Im Grunde, so Höfken, stehe Folgart für „DDR-Landwirtschaft in neuem Gewand“. Denn er befürworte eine Agrarindustrie mit monostruktureller Massenproduktion, in der Nachhaltigkeit, Umwelt- und Verbraucherschutz keine große Rolle spielen. Für Verbraucherschutz ist in Steinmeiers Team die SPD-Schatzmeisterin und Finanzmarktexpertin Barbara Hendricks vorgesehen. Der letzte SPD-Landwirtschaftsminister war Karl-Heinz Funke, der 2001 zurücktreten musste, weil er die BSE-Krise unterschätzt hatte. Die SPD-Spitze hält Folgart offenbar für jemand, der den Großteil der Bauern repräsentiert – obwohl der Bauernverband stark an Einfluss verloren hat, weil er einseitig die Interessen der industriellen Landwirtschaft vertritt. Folgart zeige, so Höfken, dass Steinmeier „regierungsunfähig“ sei.

Störfeuer bekam die SPD auch von IG-Metall-Chef Berthold Huber, der der Süddeutschen Zeitung sagte, dass es keine Wahlempfehlung für die SPD gibt. Die Zeiten, als Großorganisationen ihren Mitgliedern die Wahl vorschreiben konnten, seien vorbei. Auch 1998 und 2002 hatte die IG Metall nicht zur Wahl der SPD aufgerufen, sie aber unterstützt. Offenbar spielt es doch eine Rolle, dass die IGM-Funktionäre nicht mehr alle SPDler sind – viele neigen zur Linkspartei.

Die Grünen sind indes mit der Personalie Folgart keineswegs unglücklich. Sie vereinfacht die Abgrenzung zur SPD. Die Berufung Folgarts zeige, so die Grünen, dass die SPD ihren Versuch, rot-grüne Wechselwähler zu binden, schon wieder halb eingestellt habe. STEFAN REINECKE