KLAGENFURTER SENSENMÄNNER

Die Klagenfurter Rede zur Literatur, mit der das Wettlesen um den Bachmannpreis seit zehn Jahren eröffnet wird, sorgte dieses Mal für einiges Aufsehen. Und das nicht, weil Josef Winkler so knallig pink und rot bekleidet ans Mikrofon trat. Denn was Winkler als Flanerie auf den Spuren von Ingeborg Bachmanns Leben und Werk beginnen ließ, wurde unversehens zu einer bitterbösen Abrechnung mit dem Sumpf und der Doppelmoral der Kärntner Lokalpolitik. Nicht nur der verstorbene Landeshauptmann Haider bekam sein Fett weg. Dass Klagenfurt, das den wichtigsten deutschsprachigen Literaturwettbewerb beheimatet, die wohl einzige mitteleuropäische Stadt ohne Stadtbibliothek ist, war nur das eine. Winkler machte auch die „Sensenmänner“ von Klagenfurt, wie er sie nannte, für den Unfalltod eines neunjährigen Jungen verantwortlich, weil sie die städtischen Straßenbauarbeiten zugunsten des prestigeträchtigeren Stadionbaus für die Fußball-EM 2008 vernachlässigt hätten. In der ersten Reihe saß mit versteinerten Mienen die Kärntner Politikprominenz, während Josef Winkler vom Rest des Publikums für seine assoziative, sprachsprühende Wutrede minutenlang Standing Ovations bekam. Wer nicht dabei war, kann das Ganze in seinem Sonderdruck des Suhrkamp Verlags jetzt noch einmal nachlesen. WIEBKE POROMBKA

■ Josef Winkler: „Der Katzensilberkranz in der Henselstraße. Klagenfurter Rede zur Literatur“. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 2009, 33 Seiten, 5 Euro