Musikalische Unfälle in Himmelblau

Das Hamburger Postmodernisten-Duo „Hunger“ hat eine neue CD aufgenommen. Die ist blau

Sie heißt so, wie sie aussieht. 11 Stücke enthält die „blaue CD“, die mittlerweile „fünfeinhalbte“ Veröffentlichung. Obwohl das Hamburger Duo „Hunger“ schon seit 13 Jahren zwischen Kunstproduktion, Art-Punk und Freejazz unterwegs ist, um seiner Hyperaktivität mit dem Zerhacken von Popsongstrukturen Herr zu werden, kann man das Duo immer noch – dem gepflegten Understatement sei Dank – einen Geheimtipp nennen. Zwischen „Talking Heads“ und musikalischer Früherziehung ist den beiden kein Sample zu billig, kein Instrument zu verrostet und nie ein Verweis zu peinlich. Mit herzergreifenden Feinsinnigkeiten beispielsweise mit Songzeilen wie: „Pain is just a french word for bread“ gelingt es den Postmodernisten, ihr Publikum, mal in kahlen Off-Galerien, mal auf einer Comic-Release-Party mit dekonstruktivistischem Charme in eine zwar immer leicht genervte, aber stets äußerst gebannte Aufmerksamkeit zu ziehen.

Echte Neuigkeiten gibt es auf „Hunger“s blauer CD deshalb auch gar nicht zu hören. Eher das Ergebnis eines spezifischen Recyclings: Alles schon mal da gewesene wird so oft verzogen, verzerrt und verstimmt, bis auch der letzte Hauch Melancholie dem Popgedanken endgültig entwichen ist. Wie im Grunde auch auf der im letzten Jahr erschienen DVD, für die 19 KünstlerInnen ihre Lieblings-„Hunger“-Stücke bebildert haben.

Für die Präsentation ihres blauen Werks wünscht man „Hunger“ jedenfalls für morgen einen ebensolchen Himmel. Das nämlich präsentiert das Duo an einem speziellen Ort: im Atelier-Schrebergarten „Gartenkunstnetz“ in der Eifflerstraße. Übrigens eine der letzten Gelegenheiten, die Off-Kunst-Perle zu besuchen – das Gelände soll verkauft werden. KERSTIN SCHROEDINGER

■ Fr, 30. 7., 20 Uhr, Gartenkunstnetz, Eifflerstraße 35