Rumpelstilzens Versteck

Jens Rachut und seine Band Oma Hans in der Fabrik

Marcus Wiebusch, Sänger der Band Kettcar, wird übermorgen wohl nicht in die Fabrik gehen. Er lieferte sich mit deren Kollegen Rachut Anfang des Jahres einen deftigen Schlagabtausch. Via Popsong schickten sie sich Beleidigungen: Wiebusch und Kettcar mussten sich Ausverkauf vorwerfen lassen, im Gegenzug bezeichnete er Rachut als „Moral-Ayatollah mit Dickbauch“.

Beide Musiker haben die subversive Rockszene Hamburgs geprägt. Wiebusch mit Gruppen wie .But Alive, Rantanplan und Kettcar; Rachuts Projekte hießen Blumen am Arsch der Hölle, Dackelblut, Kommando Sonne-nmilch, und eben: Oma Hans. Vor fast zehn Jahren textete Wiebusch: „Bald kannst du nicht mehr so viel essen, wie du kotzen willst. Bald weißt du nicht mehr, über was du noch motzen willst, weil du Teil von dem bist, den du schließlich mal gehasst hast, deine Chance aber nicht verpasst hast.“ Das war gegen Kommerz und so, Punkrock eben.

Distanziert hat er sich mit Kettcar davon nicht nur musikalisch. Auch textlich vermied er es, explizit zu werden. Und Kettcar begannen, Erfolg zu haben. Rachut ist dies – der kommerzielle Erfolg von Kettcar, die Distanzierung zur Punk-Clique – wohl übel aufgestoßen. Er verweigert sich dem Erfolg. Auf Oma Hans‘ neuem Longplayer „Peggy“ ätzt er: „Landungsbrücken sprengen / depressive Anekdoten, die keinem etwas helfen, außer Geld / Gesichter fehlen, eure Ärsche sind vergeben / an die Radios. Rumpelstilzchen tanzt / jetzt mit neuem Namen / durch die Indie Charts / und versteckt sich da“. Das ging an Wiebuschs Adresse. Solche Kollegen-Schelte per Song ist eher eine Umgangsform in der Rap-/Hip-Hop-Community, Kettcar können das aber auch ganz gut: „Der Wind bläst jedes Jahr doller / unser kluger Moral-Ayatollah / hängt die Dickbauch-Punkflagge zwei Mal im Jahr nach draußen. Das Schlimmste, das es gibt / sind Taxifahrer, die in Punkbands spielen / und dir die Welt erklären.“ Nett ist das ja nicht. Markus Flohr

Sa, 23.4., 21 Uhr, Fabrik