Der Präsident und der tote Journalist

KONGO-BRAZZAVILLE Der seltsame Tod des Journalisten Bruno Ossébi nach einem Brandanschlag belastet die jetzt bestätigte Wiederwahl von Präsident Sassou-Nguesso. Ossébi hatte Korruption aufgedeckt

PARIS taz | Denis Sassou-Nguesso bleibt Präsident von Kongo-Brazzaville, zentralafrikanischer Ölstaat an der Atlantikküste. Das Oberste Gericht des Landes bestätigte am Wochenende in letzter Instanz den Sieg des seit 1979 mit kurzer Unterbrechung herrschenden Staatschefs bei den Wahlen vom 12. Juli mit über 78 Prozent und wies mehrere Klagen der Opposition ab, die eine Annullierung gefordert hatte. Protestversammlungen der oppositionellen Kandidaten waren zuvor verboten worden.

Nicht überlebt hat Sassou-Nguessos Wiederwahl der bekannte regierungskritische Journalist und Mwinda-Autor Bruno Jacquet Ossébi. Sein mysteriöser Tod beschäftigt nun aber die Öffentlichkeit.

Am 21. Januar dieses Jahres brannte in Brazzaville Ossébis Haus. Seine Lebensgefährtin und ihre zwei Kinder starben in den Flammen. Ossébi kam mit mittelschweren Verbrennungen ins Krankenhaus. Doch zehn Tage später, einen Tag vor seinem geplanten Krankentransport nach Paris, starb der 44-Jährige plötzlich. Die ärztliche Bescheinigung stellte einen „kardio-respiratorischer Kollaps“ fest. Doch ein Oppositionsabgeordneter, der Ossébi besucht hatte, sagte: „Ich habe ihn zwei Tage nach dem Brand gesehen. Er sah nicht sterbenskrank aus. Ich verstehe es nicht“.

Am 9. Juli legte die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen einen Untersuchungsbericht vor, der die „These eines absichtlichen Angriffs“ auf Ossébi als „wahrscheinlich“ einstuft. Bei Ermittlungen vor Ort stellte die Organisation fest, dass es weder eine Autopsie noch eine seriöse Untersuchung seines Todes gab. Reporter ohne Grenzen glaubt, dass Ossébi den Schergen Sassou-Nguessos zum Opfer gefallen sein könnte.

Kurz vor seinem Tod hatte Ossébi einen Artikel mit dem Titel „Öl für eine Handvoll Dollar“ veröffentlicht, in dem er schrieb, dass die Nationale Ölgesellschaft Kongos (SNPC), die ein Sohn des Präsidenten führt, einen Kredit von 100 Millionen Dollar bei der französischen Bank BNP-Paribas beantragt hatte. Ossébi sprach von einer „Scheinverschuldung“. Nach der Veröffentlichung des Artikels soll die Bank den Kreditwunsch abgelehnt haben.

Bruno Ossébi unterstützte außerdem eine in Frankreich anhängige Gerichtsklage wegen „Hehlerei und Unterschlagung“ gegen fünf afrikanische Präsidenten, darunter Sassou-Nguesso. „Frankreich kann nicht ewig ein Zufluchtsort für das den Afrikanern gestohlene Geld bleiben“, erklärte der französische Rechtsanwalt William Bourdon, einer der Kläger. Die Ermittlungen erwiesen sich im Falle des inzwischen verstorbenen gabunischen Präsidenten Omar Bongo als besonders drastisch. Aber auch Sassou-Nguesso nennt demnach ein vornehmes Pariser Privathaus sein Eigen. Elf Mitglieder seiner Familie besitzen außerdem über achtzehn Luxusvillen in Frankreich, 112 Bankkonten wurden unter ihren Namen identifiziert. Trotz dieser Erkenntnisse legte die Pariser Staatsanwaltschaft Ende 2007 die Klage zu den Akten.

Um die Justizmaschine wieder in Gang zu setzen, brauchte Bourdon Mitkläger aus den betroffenen Ländern, die sich von ihrem Staat ausgeplündert fühlen. In Gabun meldete sich der Intellektuelle Gregory Ngbwa Mintsa. Schnell wurde er bedroht, die „Omar-Bongo-Stiftung für den Frieden“, die als Sprachrohr der Regierung gilt, klagte ihn wegen „Diffamierung“ an. Am 30. Dezember 2008 nahm ihn die Polizei fest, nach drei Tagen ließ sie ihn frei. Seitdem wartet er auf sein Gerichtsverfahren.

Auch die Frau des in Frankreich lebenden kongolesischen Oppositionellen Benjamin Toungamani, Béatrice Miakakela-Toungamani, beteiligt sich an Bourdons Klage. In der gleichen Nacht, in der Ossébi starb, brannte es auch in Tougamanis Haus in der französischen Stadt Saint-Ay. Kurz vorher hatte die Frau ihre Klage nach Drohungen zurückgenommen.

Die dritte Person, die sich an der Klage beteiligen wollte, war Bruno Ossébi. Als Kind aus einer französisch-kongolesischen Ehe dachte Ossébi, Enkel des kongolesischen Schriftstellers und Diplomaten Henri Lopes, dass seine französische Staatsangehörigkeit ihn schützen würde. Er täuschte sich. ELIF KAYI