„Das ist doch nicht die Wahrheit“

LINKE Gregor Gysis Akte ist geschwärzt. Er und Petra Pau bezweifeln, dass ihnen die Wahrheit gesagt wird

BERLIN taz | Schaut man sich die Liste der vom Verfassungsschutz (VS) beobachteten Linke-Abgeordneten an, fällt auf, dass die Mehrheit der 27 aus dem Osten stammt oder dort ihren Wahlkreis hat. Vertreter aus dem Westen, etwa Parteichef Klaus Ernst, der Baden-Württemberger Ulrich Maurer oder die NRW-Abgeordnete Sevim Dagdelen, fehlen.

Einige bezweifeln, dass der Verfassungsschutz sie nur „beobachtet“ hat. Im Bundestag sagte Fraktionschef Gregor Gysi gestern: „Tatsächlich ist die Aussage, ich würde nur beobachtet, falsch. Wenn es nur öffentlich zugängliche Unterlagen sind, warum darf ich die nicht lesen? Das ist doch nicht die Wahrheit, was hier gesagt wird.“

Tatsächlich erweckt Gysis Akte Zweifel an der Darstellung von Verfassungsschutz und Innenministerium, man habe im Grunde nur die Presse ausgewertet. In den Unterlagen, die der taz vorliegen, sind auf zwei Seiten jene Aktenblätter aufgelistet, die dem Fraktionschef „mit Schwärzungen versehen“, „(teilweise) ausgetauscht“ oder „nicht vorgelegt“ werden. Bei Letzteren handelt es sich nach Angaben des VS um Seiten, die unter „Sperrvorbehalt“ stehen. Informationen wie Zeitungsartikel dürfte das wohl kaum betreffen.

Und tatsächlich räumt man in der Regierung inzwischen ein, dass auch in den Akten des Bundesamts Informationen aus verdeckten Ausspähungen oder von V-Leuten landen könnten. Und zwar in dem Fall, wenn ein Ländergeheimdienst auf solchen Wegen Informationen über die Linken sammelt – zum Beispiel Niedersachsen – und sie dann dem Bund schickt.

Auch Petra Pau hat vor drei Jahren ihre Akte erhalten. „Zwei Drittel aller Einträge wurden geschwärzt“, sagt sie der taz. Immerhin habe sie den Unterlagen entnommen, dass sie „am 7. April 2006 zur Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags gewählt“ wurde. Gefragt, ob sie durch die offenbar gewordene Beobachtung eine Beschädigung ihres Amtes sehe, sagt Pau: „Nein, es beschädigt die Bundesregierung und die Demokratie.“

ANJA MAIER