Kuh frisst weiß nicht was

Bremer Nahrungsmittelkonzerne mimen die Hilflosen: Gegen Gentechnik-Futter könnten sie nichts machen. Die Konkurrenz beweist: kann man doch

Bremen taz ■ Die Wurstfabrikanten haben rechtzeitig Alarm geschlagen. Blaulicht, Mannschaftswagen, Polizeispalier: Zum Eingang des größten deutschen Produzenten von Fleischprodukten für die Selbstbedienungstheke ist gestern Mittag kein Durchkommen. Zumindest nicht für die rund 30 StreiterInnen für gentechnikfreie Nahrung, die da bei Könecke in Bremen-Sebaldsbrück vorfahren und Auskunft begehren. Auskunft zu der Frage: Wie hält es der Fleischer mit Gentechnik im Tierfutter? Klingelingeling machen die Fahrradklingeln. Das Tor bleibt zu. Ein Gespräch am Kaffeetisch hat ein Mitarbeiter morgens noch telefonisch angeboten, für eine Delegation der Demonstrierenden. Die aber lehnen ab. Könecke soll öffentlich Stellung beziehen, hier vor dem Werkstor, insistiert Peter Bargfrede von der Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft. Ein Mitarbeiter telefoniert, dann schüttelt er den Kopf: Leider keine Zeit.

Auch die Nordmilch, größte deutsche Molkerei und nächste Station der Fahrraddemo des Bremer Bündnisses gegen Gentechnik in Lebensmitteln, verzichtet lieber auf einen öffentlichen Auftritt am Megafon. Nein, man interessiere sich nicht dafür, ob die Kühe, deren Milch man verarbeitet, mit genmanipuliertem Soja oder Mais gefüttert werden. Und nein, das wolle man auch nicht ändern, hat die Konzernleitung Greenpeace schriftlich wissen lassen. Lediglich bei der Verarbeitung der Milch, versichert der Konzern, kämen keine gentechnisch veränderten Mikroorganismen zum Einsatz – weil dies „bisher keine Verbraucherakzeptanz findet“.

„70 Prozent der Verbraucher lehnen Gentechnik in Nahrungsmitteln ab“, sagt Alexander Hissting, Gentechnik-Experte bei Greenpeace. Trotzdem werden jedes Jahr Millionen Tonnen Gensoja, Genmais und Genraps an Rinder, Kühe, Schweine und Hühner verfüttert – auch an solche, die für Könecke, Nordmilch oder Kraft Foods produzieren. Man stelle seinen Lieferanten „keine zusätzlichen Anforderungen hinsichtlich der Auswahl des Tierfutters“, schreibt Kraft Foods. Und Nordmilch beteuert: Gentechnikfreies Tierfutter sei überhaupt nicht mehr in ausreichender Menge zu bekommen.

„Falsch“, kontert Hissting. Seine Mitstreiterin Annerose von Pritzbuer zieht eine Liste aus der Tasche, auf der alle Lieferanten gentechnikfreien Tierfutters in Norddeutschland stehen. Sie ist fünf Seiten lang.

Dass es tatsächlich ohne Gentech geht, beweisen andere. Beck’s etwa versichert, dass auch die Hefe für das Bier nicht von gentechnisch manipulierten Bakterien produziert wird. „Das ist ein Sakrileg“, heißt es hier. Und Hachez hat sich im letzten Jahr um einen Milchpulver-Lieferanten gekümmert, der für die gentechnik-freie Fütterung der Kühe garantiert. Der Schwenk kam nicht ganz freiwillig, weiß Hissting: „Das haben die gemacht, weil die Verbraucher genervt haben.“ Armin Simon