Unter Giganten
: Einmal Nürnberger mit Senf, bitte

Wer so angekündigt wird, der hat kein leichtes Spiel: Ein „super Typ mit einem großen Herzen“ sei der Uli Hoeneß, „sehr sozial“ und „mit einer einzigartigen wirtschaftlichen Performance“ gesegnet – kurzum: „als Fußballspieler ein Gigant und als Manager ein Gigant“. Also hochtrabend begrüßte Rainer Esser, Verlagsgeschäftsführer der Zeit, den Fleisch gewordenen FC Bayern München gestern früh zur Matinee der Wochenzeitung in den Hamburger Kammerspielen.

Zeit-Herausgeber Michael Naumann, befußt mit edlen blau-weißen Ringelsöckchen, und der geschäftsführende Redakteur Moritz Müller-Wirth befragten Hoeneß 90 Minuten lang und entdeckten die Triebfeder für dessen Karriere im heimischen Ulm, wo die Eltern eine Metzgerei betrieben. Fußballnarr Uli ließ sich als 14-Jähriger vom Vater jeden Tag um sechs Uhr wecken, um eine Stunde lang durch die Wälder zu hetzen. „Mit 18 war ich Winterwaldlaufmeister.“ Das Problem heute: „Viele junge Leute sind nicht mehr bereit, sich gnadenlos zu quälen.“

Mit 27 Jahren musste Hoeneß seine Kicker-Karriere wegen einer Knieverletzung aufgeben, wurde erfolgreicher Manager. Längst ist der mittlerweile 53-Jährige obendrein Besitzer einer Wurstfabrik im Fränkischen, die täglich rund 3 Millionen Nürnberger Rostbratwürstchen produziert und deren Geschäfte mittlerweile sein 25-jähriger Sohn führt. Dem Publikum verriet der knitze Schwabe auch, dass er sich einst vom Trainer Jupp Heynckes unter beider Tränen im heimischen Wohnzimmer, von Ottmar Hitzfeld ohne Tränen im heimischen Esszimmer getrennt hat, dass er Ende vergangenen Jahres 16 Kilo abgespeckt hat und Joschka Fischer trotzdem schätzt – und dass er Jürgen Klinsmann für einen „sehr, sehr guten Schauspieler“ hält.

Medienprofi Hoeneß, der sich sehr gerne als Medienkritiker inszeniert, ließ sich selbst von den nach eigenen Angaben „typisch altlinken, soziologischen Feststellungen“ Naumanns, die sich anhörten wie vermündlichte Leitartikel, nicht aus der Gemütsruhe bringen: Ob die „Ökonomisierung“ des Fußballs nicht im Widerspruch stehe zum „Lebensumfeld der Zuschauer bei 5,2 Millionen Arbeitslosen“, fragte der Exkulturstaatsminister, und ob die Millionen für neue Stadien gerechtfertig seien, wenn doch dem Staat Geld fehle für Schulen, Kindergärten und Universitäten“. Hoeneß: „So lange man von uns erwartet, dass wir mit Chelsea mithalten, müssen wir mit den Wölfen heulen.“

Hoeneß’ persönliches Ziel für die Zukunft ist evident: „Wenn der Franz Beckenbauer 2007 UEFA-Präsident wird, würde ich ihm gerne als Bayern-Präsident und Aufsichtsratschef nachfolgen.“ Im Übrigen sei „der Franz“ ja nur deswegen bis heute ein derartiges Idol geblieben, „weil er von der Bild-Zeitung geschützt wird“. Markus Jox