Nachstellen wird zur Straftat

Bundesjustizministerin stellt Anti-Stalking-Gesetz vor und kontert damit hessischem Gesetzentwurf im Bundesrat. Journalisten befürchten Strafverfolgung bei Recherche

BERLIN taz ■ Wer andere belagert, bedroht oder per SMS terrorisiert, soll leichter bestraft werden können. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) will „Nachstellen“ als eigenen Straftatbestand im Gesetzbuch verankern. Die Idee: Ein Stalker soll hinter Gitter, schon bevor er sein Opfer angegriffen hat. Es genügt, wenn er dessen Leben „schwer wiegend beeinträchtigt“.

Mit ihrem Eckpunktepapier kontert Zypries einem Entwurf des hessischen Justizministeriums, dem der Bundesrat im März zugestimmt hatte. Zypries hält Hessens Pläne für „verfassungsrechtlich nicht machbar“ – weil sie zu unkonkret seien. Sie kritisiert, dass neben genau benannten Taten laut Entwurf auch „ebenso schwer wiegende Handlungen“ bestraft werden sollen. Dies sei zu vage, so die Ministerin. Der Bürger müsse wissen, womit er sich strafbar macht. Ihr Kompromiss: Sie will nur die vier häufigsten Stalking-Delikte mit einer Geldstrafe oder mit bis zu einem Jahr Haft ahnden. So soll vor den Richter, wer unbefugt und beharrlich die „räumliche Nähe“ eines anderen aufsucht. Strafbar mache sich dann, wer per Telefon, SMS- oder E-Mail-Flut terrorisiert, wer mit fremdem Namen Waren bestellt oder jemandem Gewalt androht. Für alle sonstigen Fälle setzt Zypries auf das „Auffangbecken Gewaltschutzgesetz“. Mit seiner Hilfe können Richter Expartnern untersagen, sich dem Haus der früheren Freundin zu nähern.

Hessen indes ist wenig begeistern von den Plänen der Ministerin. Sie seien „halbherzig“ und umfassten „nur 70 Prozent der Fälle“, sagte Sprecher Stefan Fuhrmann der taz.

Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) äußerte sich empört. Denn weder Hessens Entwurf noch das Zypries-Papier lösen ein, was der DJV fordert: eine Klausel, die Journalisten aus dem Stalking-Gesetz ausklammert. Wer hartnäckig recherchiert oder Prominente verfolgt, könne künftig als Stalker vor Gericht stehen, fürchtet der Verband. Zypries wies diesen Einwand ab. Im Entwurf stehe eindeutig, dass nur das „unbefugte“ Belästigen strafbar sei. Die Arbeit eines Reporters sei damit nicht gemeint. Dem DJV ist das nicht genug. „Künftig entscheidet also der Staatsanwalt, ob ein Journalist recherchieren darf“, sagte Hendrik Zörner vom DJV der taz.

Noch vor der Sommerpause will Zypries den Entwurf im Kabinett vorstellen. Seine Chancen stehen gut. Die Grünen hätten sich positiv geäußert, so Zypries. Und der Bundesrat muss dem Gesetz ohnehin nicht zustimmen. COSIMA SCHMITT