Die Sache mit dem D

Volksgesetzgebung: „Mehr Demokratie“ wehrt sich gegen Vereinnahmung durch CDU. Strafverfahren gegen Parlamentszuhörer eingeleitet

Von Markus Jox

Der Verein „Mehr Demokratie“ hat sich scharf dagegen verwahrt, „ständig von der Hamburger CDU als Kronzeuge für die geplante Einschränkung der Volksgesetzgebung in Anspruch genommen zu werden“. Sowohl CDU-Fraktionschef Bernd Reinert als auch sein Parteifreund Manfred Jäger hatten in der Bürgerschaftsdebatte am Donnerstag lustvoll darauf hingewiesen, dass der Verein Bayern, wo sich Bürger für Volksbegehren in behördlichen Dienststellen eintragen müssen, als Musterland der direkten Demokratie rühme.

„Das stimmt zwar“, schimpft Angelika Gardiner von „Mehr Demokratie“, „aber die CDU vergisst regelmäßig zu erwähnen, dass wir das bayerische Verfahren sehr kritisch sehen“. Wegen dieser Regelung, die jetzt auch in Hamburg eingeführt werden soll, habe in sieben der neun Bundesländer, in denen es die Amtseintragung gebe, noch nie ein Volksentscheid Erfolg gehabt.

Gardiner war unter den Zuhörern, die während der Debatte symbolischen Protest übten, indem sie sich rote Kreuze vor den Mund hielten (taz berichtete). Weil es sich dabei um einen im Parlament verbotenen „demonstrativen Akt“ gehandelt habe, so Bürgerschaftssprecher Ulfert Kaphengst, habe Vizepräsidentin Bettina Bliebenich (CDU) die Sitzung zu Recht unterbrochen und die betreffenden Personen der Polizei übergeben.

Ein Polizeisprecher wiederum bestätigte, dass sich „um 17.20 Uhr sechs Personen im Emporenbereich rote Pappkreuze vor den Mund gehalten haben“. Nach Paragraph 106b des Strafgesetzbuches sei der „Tatbestand der Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans“ erfüllt, weil die Vizepräsidentin die Sitzung tatsächlich unterbrochen habe. Derzeit laufe gegen die Personen ein Strafverfahren, das zu Geldbußen führen könne.

Harsche Kritik an der CDU-Novelle übte gestern auch die außerparlamentarische FDP: „Unter dem Deckmäntelchen der Vereinfachung und Kosteneinsparung wird die direkte Demokratie letztendlich wieder abgeschafft“, so Vize-Landeschef Jan Erik Spangenberg. Keinesfalls dürfe das neue Gesetz für die bereits angeschobenen Volksbegehren gelten. „Dass die CDU im laufenden Verfahren einseitig die Regeln ändern will, ist mit dem Rechtsstaat nicht zu vereinbaren.“ Peitsche die CDU das Gesetz durch, könne sie das D aus ihrem Namen streichen.